Kopfschmerzen, Staub und Zwangsurlaub Torsten Bless, 12.07.2018 15:06 Uhr
Seit 16 Monaten bereits hat Markus Kleffner mit den Folgen von Straßenbauarbeiten vor der Tür seiner Nikolaus-Apotheke in Münster-Wolbeck zu kämpfen. Jetzt droht eine Sperrung des Gehwegs seinen Umsatz gänzlich einbrechen zu lassen.
Kleffner übernahm die Apotheke zum 1. Juli 2001. Doch Rabattverträge oder ständig zunehmende Bürokratie hätten ihn nicht so stark zugesetzt wie die schon seit März 2017 andauernden Bauarbeiten direkt vor seiner Tür. Der Ortsteil Wollbeck werde durch die Maßnahmen geteilt. Die Beeinträchtigungen seien immens. „Ich musste zwei Putzhilfen zusätzlich engagieren. Ab und zu muss auch mein Team zum Reinigen ran, schließlich wollen meine Kunden keine dreckigen Medikamentenpackungen kaufen.“ Dazu käme die ständige Lärmbelästigung. „Das ist unvorstellbar, kein Wunder, dass meine Angestellten ständig Kopfschmerzen haben. Wenn ich in meinem Büro sitze, dann wackelt der PC von den Erschütterungen.“
Seinem Team müsse er große Flexibilität abverlangen. „Ich passe den Dienstplan kurzfristig der jeweils aktuellen Lage an. An manchen Tagen ist hier gar nichts los, dann muss ich Mitarbeiter nach Hause schicken“, sagt er. „Wenn sie ihre Überstunden abgebaut haben, muss ich Zwangsurlaub anordnen.“ Dazu habe er als Arbeitgeber das Recht, auch wenn die Familien darüber aus verständlichen Gründen nicht begeistert seien. Doch finanziell bleibe ihm gar keine andere Wahl: „Seit Beginn der Baumaßnahmen habe ich mehr als ein Drittel meines Umsatzes verloren“, sagt Kleffner. Die Baustelle mache nicht allein seiner Apotheke zu schaffen. „Ein Lotto-Toto-Geschäft hat nicht mehr durchhalten können und musste schon zumachen, zwei bis drei weitere Einzelhandelsgeschäfte stehen auf der Kippe. Zu allem Überfluss hat mir der Vermieter über seinen Makler noch zum 1. Juni eine Mieterhöhung aufgebrummt.“
Zu einem besonders kniffligen Problem entwickelte sich die nächtliche Warenanlieferung. Häufig bestelle er große Sendungen mit Infusionslösungen. „Die Fahrer können nicht mehr zur Lieferschleuse vorfahren und müssen die Paletten vom Marktplatz hierher schleppen.“ Die Großhändler seien über den immens vermehrten Aufwand bei gleichzeitig sinkendem Umsatz nicht glücklich. „Aber wenn ich nichts verdiene, kann ich auch nichts bestellen.“ Wenn alle Wege versperrt seien, müsse er sich im Notfall wohl seine Medikamente selbst beim Händler abholen.
Die Situation verschärft sich noch einmal ab dem 16. Juli. Im Zuge der sogenannten Bauphase 5 soll dann nicht nur die Hiltruper Straße gesperrt werden, sondern gleich noch der Gehweg mit aufgerissen werden. Käme es hart auf hart, wäre die Apotheke gar nicht mehr erreichbar. Kleffner sagt, er habe davon im April nur durch Zufall erfahren. Umgehend habe er beim Tiefbauamt angerufen, um auf seinen Versorgungsauftrag hinzuweisen. Man werde versuchen, einen Zugang freizuhalten, damit Fußgänger, gehbehinderte Menschen und Fahrradfahrer zur Apotheke gelangen könnten, garantieren wolle man das aber nicht. „Die Vollsperrung soll grob acht Wochen dauern“, berichtet der Apotheker. „Aber das kann auch länger dauern, solche Fristen werden ja selten eingehalten. Für unsere gehbehinderten Patienten werden wir in dieser Zeit einen Lieferdienst anbieten.“
Genau in dieser Zeit sei die Apotheke für drei Notdienste eingeteilt. „Der erste ist direkt am kommenden Dienstag. Das wird sehr chaotisch werden.“ Ein anderer falle auf den 5. August, einen Sonntag. „Da ist normalerweise immer viel zu tun, weil dann auch Kunden aus dem angrenzenden Kreis Warendorf zu uns kommen.“ Er habe der Kammer berichtet, dass ein geregelter Dienst bei einer Vollsperrung wohl schwer zu bewerkstelligen sei. „Sie meinte zunächst, dass die Kunden schon irgendwie zu mir finden werden, erst vor Kurzem stellte sie fest, dass das wohl doch nicht so ohne Weiteres gehen wird.“
Nach Aufhebung der Vollsperrung sind die Baumaßnahmen noch lange nicht vorbei, offiziell sollen sich noch bis Ende 2019 hinziehen. „Ich habe Verständnis, dass sie erforderlich sind, verstehe aber nicht, warum sie so lange dauern müssen“, betont der Apotheker. Er hofft, bis dahin durchzuhalten. „Ich habe schon aus meinem Privatvermögen Geld zugeschustert. Sonst hätte ich schon längst Mitarbeiter entlassen müssen.“