Kommentar

Pro: Niemand mag Hüftspeck

, Uhr
Berlin -

Der Speck muss weg. Abnehmen ist nach der Völlerei an den Feiertagen ein zentrales Thema. Auch das Kinderheft Medizini zieht mit und hat in der Januar-Ausgabe einen Figurtest für die junge Leserschaft veröffentlicht. Der Wort & Bild Verlag ist mit dem Beitrag einen mutigen Schritt gegangen. Denn Wegschauen hilft angesichts der steigenden Zahl übergewichtiger Kinder nicht. Den aktuellen Shitstorm hat das Heft nicht verdient.

Der Test ist keine Anleitung zum Abnehmen oder drängt Kinder in Bulimie oder Magersucht. Stattdessen sollen junge Mädchen und Jungs über ihr eigenes Körpergefühl aufgeklärt werden. In der Auswertung wird denjenigen, die die Figur für sehr wichtig halten, beispielsweise geraten, nicht so streng zu sein und auf eine gute Ernährung zu achten. Natürlich hätten die Blattmacher darauf achten können, dass die Zielgruppe „ältere Schulkinder“ deutlicher gekennzeichnet ist. Doch sollten diese Einordnung letztlich nicht die Eltern übernehmen?

Der Vorwurf, Kinder sollten sich noch nicht mit ihrer Figur beschäftigen, ist allzu leicht vorgebracht. Die Kritiker sollten sich selbst einmal der gnadenlosen Jury auf dem Schulhof stellen. Denn wer dort wegen dickem Bauch und Doppelkinn gehänselt wird, hat wenig Spaß. Auch wenn es manche Eltern nicht wahrhaben wollen, für präpubertäre Kinder zählt heutzutage das Äußere viel mehr als noch vor 40 Jahren.

Medizini hat mit dem Thema offensichtlich einen Nerv getroffen. Ein Boykott der kompletten Ausgabe greift aber zu weit. Auch Kindermedien dürfen polarisieren, aufklären sollten sie allemal. Die Aufregung in Medien und bei Verbrauchern ist übertrieben, mancher Apotheker ist mit seinem gefühlten Zwangsabo vielleicht besonders streng.

Eltern müssen ihre Kinder bei der Wahrnehmung des eigenen Körpers unterstützen, da sie selbst noch nicht die nötige Weitsicht haben können. Gehört Bewegung und gesundes Essen zum Alltag, entsteht Übergewicht erst gar nicht. Doch in vielen Haushalten stehen stattdessen Fernsehen und Computerspiele sowie Fertigkost und Tiefkühlware auf dem Tagesprogramm. Wie sollen diese Kinder herausfinden, dass dieser Alltag auf Dauer krank macht?

Eltern dürfen nicht die Augen verschließen, wenn ihr elfjähriges Kind bereits deutlichen Hüftspeck hat. Denn die gesundheitlichen Folgen können dramatisch sein. Auch Kinder- und Jugendärzte warnen angesichts des zunehmenden Bewegungsmangels vor Übergewicht bei Kindern. In Deutschland sind laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 15 Prozent aller 3- bis 17-Jährigen übergewichtig. Jeder zweite bis dritte davon ist sogar stark übergewichtig.

Die Folgen sind nicht nur seelische Probleme. Übergewicht sorgt auch für eingeschränkte Leistungsfähigkeit und erhöht das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Gefäßverkalkung. Das Fatale: Greifen Erziehungsberechtigte nicht rechtzeitig ein, kämpfen betroffene Kinder meist auch als Jugendliche und Erwachsene mit Übergewicht. Und müssen dann die Tipps aus der Apotheken Umschau befolgen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
Bundesverfassungsgericht muss entscheiden
BaföG nicht unter Bürgergeld
Für immer als „Mohren-Apotheke“ unter Denkmalschutz
Mohren-Apotheke: Köpfe weg, Name bleibt

APOTHEKE ADHOC Debatte