In puncto digitales Gesundheitswesen hängen wir meiner Meinung nach noch zu sehr hinterher. Vielleicht sollte ich nicht zu hohe Erwartungen haben und mich einfach nur zufrieden damit geben, wenn es endlich flächendeckendes WLAN gibt und mein Telefongespräch in manchen Gegenden nicht unterbrochen wird oder meine Whatsapp-Nachrichten nicht Stunden später ankommen. Manchmal reagieren Kunden verwundert, warum es manche digitale Lösungen (noch) nicht in der Apotheke gibt. Die Nachtdienstgedanken.
Was wäre, wenn wir Versichertenkarten in der Apotheke einlesen könnten und zum Beispiel Zugriff auf Daten hätten, die vor maximal zwei Jahren darauf gespeichert wurden? Wir würden sicherlich mehr wissen, als wir dürften, und das könnte sogar aus ethischer Sicht bedenklich sein. Auf der anderen Seite würde sich vieles im Alltag einfacher gestalten. Nachfragen zu verordneten Medikamenten in der Vergangenheit könnte ich beantworten, ohne dass der Patient bei uns eine Kundenkarte hat, für die heute erstmal sein Einverständnis erforderlich ist. Und auch Wechselwirkungen wären besser und schneller zu detektieren. Damit hätten wir möglicherweise eine höhere Arzneimitteltherapiesicherheit.
Für manche Kunden ist es allerdings auch selbstverständlich, dass wir als Apotheke automatisch Zugriff auf ihre Daten haben. „Ich hatte letztes Mal im August eine andere Packung bekommen. Das Medikament von diesem Hersteller bekam mir gut. Können Sie mir nicht wieder das aushändigen?” So oder ähnlich heißt es dann am HV-Tisch. „Schauen Sie doch mal im Computer! Da steht es bestimmt.”
Witzig wird es dann, wenn der Kunde nicht als solcher bei uns registriert ist, ja noch nicht mal aus der Gegend kommt und vielleicht zum zweiten Mal in seinem Leben unsere Apotheke betritt. Umso verwunderter ist er dann, wenn wir nicht die Antwort haben, die er gern hätte. „Ach so. Ich dachte, es ist immer automatisch alles gespeichert, was ich gekauft habe.”
Kürzlich kam eine Kundin in die Apotheke und drückte mir ihre Versichertenkarte beziehungsweise ihre „elektronische Gesundheitskarte” in die Hand. „Ich bin schwanger und soll Eisentabletten nehmen. Der Arzt hat gesagt, ich soll dazu einfach in die Apotheke gehen und meine Karte vorzeigen.” Hmm… „Haben Sie denn ein Rezept bekommen?” Die Frau, etwa 35 Jahre alt, verneinte. „Ich habe nur meine Versichertenkarte.”
Es gibt viele verschiedene Eisen-Präparate mit verschiedenen Stärken; ich klärte die Dame auch dahingehend auf. Doch woher soll ich wissen, wie viel Eisen für sie am idealsten wäre? Sollten es 40 mg sein pro Tablette oder doch lieber 100 mg? Vielleicht auch Tropfen? Fragen über Fragen. Deshalb wünsche ich mir von Ärzten, dass sie insbesondere bei schwangeren Patientinnen ein grünes Rezept ausstellen. Das ist nicht zu viel gefordert und sollte doch machbar sein.
Ich glaube nicht, dass der Arzt das mit der Versichertenkarte in der Form gesagt hat, sicherlich war es ein Missverständnis. „Wir können hier nicht Ihre Karte einlesen”, sagte ich der Kundin. Sie hielt es für selbstverständlich, machte sich aber nichts draus. Kaufen wollte sie erst morgen: „Ach, nicht schlimm. Ich wollte morgen eh in der Praxis anrufen wegen etwas anderem, dann kann ich das gleich auch klären. Ich komme dann nochmal vorbei.”
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