MTX-Überdosis: Klinikpatientin stirbt dpa/APOTHEKE ADHOC, 25.02.2020 11:38 Uhr
Nachdem sie mehrere Tage in Folge mit Methotrexat (MTX) behandelt wurde, ist eine Patientin an der Helfenstein Klinik Geislingen (Kreis Göppingen) gestorben. Wie die Klinik am Dienstag mitteilte, bekam die Frau das Medikament wohl aus Unachtsamkeit mehrere Tage hintereinander anstelle einmal wöchentlich. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Zuvor hatte der SWR berichtet.
Die Frau war bereits im Dezember gestorben, nachdem sich ihr Zustand verschlechtert hatte und sie auf der Intensivstation behandelt worden war. Publik wurde der Fall erst jetzt. Erst Mitte Februar hatte das Amtsgericht Göppingen der Fall einer 80-jährigen Frau beschäftigt, die in einer anderen Klinik im Kreis Göppingen nach einer Medikamenten-Überdosis gestorben war. Das Verfahren gegen drei behandelnde Ärztinnen wurde gegen eine Geldauflage eingestellt.
MTX ist für zwei Indikationen zugelassen: Bei der Behandlung von Krebserkrankungen muss mitunter eine tägliche Gabe erfolgen. Zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen wird der Wirkstoff einmal wöchentlich eingesetzt. Indizierte Autoimmunerkrankungen sind unter anderem rheumatoide Arthritis, Psoriasis und Morbus Crohn.
Dosierungsfehler mit schwerwiegenden Folgen, einschließlich tödlicher Verläufe, wurden gemeldet, wenn der Wirkstoff zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen täglich statt wöchentlich angewendet wurde. Deshalb wurde im November per Rote-Hand-Brief zusätzliche risikominimierende Maßnahmen empfohlen. So soll gemeinsam mit dem Patienten oder der Pflegekraft ein Wochentag zur Verabreichung festgelegt werden. Trotz existierender Maßnahmen werden immer noch Fälle einer täglichen statt wöchentlicher Anwendung gemeldet, daher werden weitere Maßnahmen zur Vermeidung von Dosierungsfehlern eingeführt.
Maßnahmen
- Warnhinweise auf der äußeren und inneren Verpackung
- Umstellung auf Blisterpackungen
- Bereitstellung von Schulungsmaterial
- Patientenkarte für orale Darreichungsformen
Der Wirkstoff sollte nur von Ärzten verschrieben werden, die Erfahrung im Umgang mit dem Arzneimittel haben. Ärzte sowie alle Angehörigen der Heilberufe sollten nachdrücklich über die einmal wöchentliche Verabreichung informieren. Der verordnende Arzt sollte bei jeder neuen Verordnung sicherstellen, dass der Patient oder die Pflegekraft das Dosierungsschema verstanden hat. Auch über die Anzeichen einer Überdosierung sollte der Arzt aufklären. Bei vorliegenden Symptomen sollte unverzüglich ein Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht werden.
MTX ist ein Folsäure-Antagonist und hemmt kompetetiv das Enzym Dihydrofolat-Reduktase und somit die DNA-Synthese. Der Zellzyklus wird unterbrochen und Tumorzellen können sich nicht vermehren. Dem Wirkstoff werden immunsuppressive und entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen. Das Arzneimittel ist als Tablette und Injektion im Handel.
Neben den allgemeinen Nebenwirkungen wie Abgeschlagenheit und Kraftlosigkeit kann es zu gastrointestinalen Störungen kommen: Die Epithelzellen des Magen-Darm-Traktes sind äußerst empfindlich gegenüber MTX. Bereits bei der Hälfte der Dosis, die für eine Hemmung der DNA-Synthese im Knochenmark benötigt wird, werden die Zellen der Schleimproduktion gehemmt. Es treten Mukositis, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe auf.