KKH-Allianz überführt 65 Apotheker APOTHEKE ADHOC, 23.02.2012 10:59 Uhr
Erst 2014 müssen die Krankenkassen ihre Bilanzen offen legen. Die einzigen Zahlen, die bereits jetzt regelmäßig gemeldet werden, sind die aufgedeckten Betrugsfälle. Die KKH-Allianz verzeichnete im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben einen Gesamtschaden von rund einer Million Euro. In 65 Fällen wurden Apotheker überführt, die versucht hatten, die Kasse hinters Licht zu führen.
Seit 2001 beschäftigt die KKH-Allianz ein neunköpfiges Ermittlerteam. In dieser Zeit hat die „Prüfgruppe Abrechnungsmanipulation“ rund 10.000 Fälle aufgedeckt – 589 allein im Jahr 2011. Während Krankengymnasten und Physiotherapeuten den Ermittlern am häufigsten ins Netz gehen – 2011 verzeichnete die KKH-Allianz 146 Fälle – rangieren Apotheker in der internen Statistik mit 65 Fällen auf Platz 2.
Das gilt auch für die Schadenssumme: Auf 175.000 Euro beziffert die Kasse die aufgedeckten falschen Arzneimittelabrechnungen. Nur bei stationären Krankenhausbehandlungen wurde die KKH-Allianz um mehr Geld gebracht: Hier lag die Summe der offenen Forderungen bei 225.000 Euro.
Die Kasse kommt in Deutschland auf einen Marktanteil von rund 3 Prozent. Rechnet man die Schadenssumme hoch, ergibt sich für alle Kassen ein Schätzwert von rund sechs Millionen Euro.
Dem Einfallsreichtum der Betrüger sind kaum Grenzen gesetzt. So rechnete beispielsweise ein Apotheker in Berlin im großen Umfang Verordnungen von HIV-Präparaten ab, obwohl er diese Präparate nie abgegeben hatte. Der Gesamtschaden für alle Kassen wird in diesem Fall auf elf Millionen Euro geschätzt. Der Apotheker wurde zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.
„Wenn wir mehr Ermittler beschäftigen würden, könnten wir auch mehr Fälle aufdecken“, erklärt ein Sprecher der KKH Allianz. Beobachter gehen von einer hohen Dunkelziffer aus: Basierend auf Analysen des European Healthcare Fraud and Corruption Networks (EHFCN) schätzt Transparency International den jährlichen Schaden durch Betrug und Korruption im deutschen Gesundheitswesen auf 13,5 Milliarden Euro. Allerdings sind darin nicht nur klassische Betrugsfälle enthalten, sondern auch Fälle von Korruption, die sich für Krankenkassen nur schwer beziffern lassen.
„Die Zahlen der KKH-Allianz sind nur die Spitze des Eisberges“, sagt Dr. Anke Martiny von Transparency. „Neben den klassischen Betrugsdelikten führt immer wieder die unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern dazu, dass im Gesundheitssystem ein hoher volkswirtschaftlicher Schaden entsteht. Hier stehen bei der Verfolgung auch die Organisationen der ärztlichen und pharmazeutischen Selbstverwaltung in der Pflicht“, mahnt Martiny.