Kiel

Gefährliche Keime: Klinik holt sich Expertenhilfe

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Kiel -

Im Kampf gegen einen gefährlichen multiresistenten Keim holt sich das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) jetzt Unterstützung von Frankfurter Experten. Elf an dem Kieler Klinikum gestorbene Patienten trugen zusätzlich zu ihren teils schweren Erkrankungen auch den Keim, wie das Krankenhaus am Wochenende mitteilte. Bei neun von ihnen sei das Bakterium mittlerweile eindeutig als Todesursache ausgeschlossen worden, sagte der Vorstandsvorsitzende des UKSH, Jens Scholz. Bei zwei 87 und 70 Jahre alten Patienten konnte die Todesursache nicht zweifelsfrei geklärt werden.

Die Kieler Mediziner baten um Hilfe von Wissenschaftlern der Universität Frankfurt. Die Spezialisten auf dem Gebiet des betreffenden, multiresistenten Keims wurden für Montag in Kiel erwartet.

Bislang wurden an der Klinik 27 Patienten positiv auf das gegen fast alle Antibiotika resistente Bakterium Acinetobacter baumannii getestet. Sie sind zwischen 27 und 88 Jahre alt. Nicht alle von ihnen sind daran erkrankt. „Der Keim ist nicht die führende Erkrankung bei den Patienten“ sagte Scholz. Für gesunde Menschen ist er nach Angaben des Klinikums weitgehend ungefährlich. Die Zahl der Keimträger könne in den kommenden Tagen noch steigen.

Als Ausgangspunkt der Verkeimung gilt ein 74 Jahre alter Mann, der am 11. Dezember in die Notfallaufnahme des Klinikums kam. Er war krank aus einem Urlaub in der Türkei zurückgekommen. Eigentlich hatte die Klinik geglaubt, das Problem mit dem hartnäckigen Erreger im UKSH schon gelöst zu haben. Eine erste Phase von Übertragungen bei drei Patienten sei mit dem 3. Januar abgeklungen, aber dann sei in einem anderen Gebäudeteil ein zweiter Fall aufgetreten. Dabei handle es sich um einen Patienten, der in Mallorca in einem Krankenhaus gewesen sei. Nach Angaben von UKSH-Chef Scholz vom Samstagabend liegt das Ergebnis der Analyse des Erregers dieses Reisenden immer noch nicht vor.

Mittlerweile hat es nach Klinikangaben entsprechende Screenings bei rund 50 Patienten gegeben. 14 Patienten sind weiterhin isoliert. Scholz betonte, dass für die übrigen Patienten der Klinik keine Gefahr bestehe: „Der Keim ist begrenzt auf die gesperrte internistische Intensivstation. Das UKSH ist nach wie vor ein sicherer Ort für Behandlungen.“

An einer Krisensitzung im Klinikum nahm am Samstag auch Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD) teil. „Diese Keime sind eine große Verunsicherung“, sagte sie. Sie kämen aber häufiger vor in Krankenhäusern. Die vorgeschriebenen Meldewege seien in dem aktuellen Fall eingehalten worden. Vordringlichstes Ziel sei es, „den Keim möglichst schnell aus dem UKSH herauszubekommen“.

Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz in Dortmund kritisierte UKSH-Chef Scholz. Dessen Differenzierung der Todesursache zwischen der ursprünglichen Erkrankung des Patienten, dem gefährlichen Bakterium und einem Zusammenwirkung von beiden sei ein Versuch, die Folgen der erstmaligen Ausbreitung des Keims im UKSH zu verharmlosen. „Ich finde diese Relativierung entsetzlich“, sagte er. Damit solle Verantwortung weggeschoben werden.

Unterdessen bestätigte die Kieler Oberstaatsanwältin Birgit Heß, dass sich auch ihre Behörde mit dem Fall befasse: „Es wird geprüft, ob es tatsächliche Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Fehlverhalten gibt.“ Dr. Bärbel Christiansen, verantwortliche Hygiene-Ärztin am UKSH, hatte versichert, die Hygienemaßnahmen seien vorschriftsmäßig erfolgt, und es sei auch genügend Personal eingesetzt worden.

Unterstützung bekam das Klinikum von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM). Alleine auf Grundlage der aus Kiel berichteten Ereignisse bestehe keinerlei Anlass, als Ursache für das dortige Geschehen „Hygienemängel“ oder sonstige Fehler in der Krankenversorgung zu vermuten.

Die Acinetobacter-Keime kommen im Wasser und in der Erde vor, für den Menschen sind sie normalerweise nicht gefährlich. Bei immungeschwächten Menschen können sie aber Lungenentzündungen, Wundinfektionen und Blutvergiftungen verursachen. Handelt es sich um multiresistente Formen, ist die Behandlung erheblich erschwert, weil nur noch wenige Mittel überhaupt gegen die Infektion helfen.

Die internistische Intensivstation der Kieler Klinik ist seit Freitag für Neuaufnahmen „bis auf weiteres“ geschlossen. Eine von insgesamt drei Einheiten der operativen Intensivstation wurde isoliert, um die dort liegenden Infizierten gesund zu pflegen. Die Stationen sollen für Neuaufnahmen geschlossen bleiben, bis die dortigen Patienten entlassen werden können.

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