14 Patienten im Universitätsklinikum (UKSH) in Kiel haben sich mit einem gefährlichen Bakterium infiziert. Mehrere der 25 bis 80 Jahre alten Betroffenen seien gestorben, teilte ein Kliniksprecher mit. Es sei aber unklar, ob bei ihnen der Erreger oder die jeweilige Vorerkrankung die Todesursache war. „Zur Eindämmung des Infektionsrisikos werden betroffene Patienten umgehend strikt isoliert“, hieß es. Als Überträger werde ein Patient vermutet, der im Dezember aus dem Mittelmeerraum ins UKSH verlegt worden war. Auch er ist inzwischen gestorben.
Bei dem Erreger handele sich um ein gegen vier Antibiotikagruppen resistentes Acinetobacter baumannii. Das Bakterium zählt zu den sogenannten MRGN (multiresistenten gramnegativen Erregern) und kommt im Wasser und in der Erde vor. Bei immungeschwächten Menschen kann es Lungenentzündungen, Wundinfektionen und Sepsis verursachen.
Ihre Behandlung ist erheblich erschwert, weil bei ihnen nur noch wenige Mittel überhaupt gegen eine Infektion helfen. Am Kieler Klinikum wurde ein Teil der Intensivstationen vorsichtshalber bis auf weiteres geschlossen. Wegen der Resistenzen des Keims stellt die Therapie der Betroffenen eine besondere Herausforderung dar.
Mit einem umfassenden Screening soll nun geprüft werden, ob es weitere Keimträger gibt. Räumlichkeiten und Geräte würden gründlich desinfiziert, hieß es. Um die Sicherheit und Hygiene im Krankenhaus zu gewährleisten, sei die internistische Intensivstation für Neuaufnahmen bis auf weiteres geschlossen. Dies gelte auch für eine der drei Einrichtungen der operativen Intensivstation.
Massive Kritik übte die Deutsche Stiftung Patientenschutz mit Sitz in Dortmund. „Das Uni-Klinikum Kiel scheint beim Management von multiresistenten Keimen und infizierten Patienten überfordert zu sein“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „Wie kann ein Patient aufgenommen werden, ohne ihn vorher einem Screening zu unterziehen?“ Auch hätten die ersten Maßnahmen gegen den Keim offenkundig nicht ausgereicht. „Wir haben Tote zu beklagen – und wissen nichts über die Anzahl.“ Der Stiftung zufolgen sterben pro Jahr etwa 40.000 Menschen an Krankenhausinfektionen. „Davon wären 20.000 durch Hygienemaßnahmen vermeidbar“, sagte Brysch.
Acinetobacter baumannii spielt in Deutschland bisher eine vergleichsweise geringe Rolle, in vielen Ländern zählt er jedoch zu den wichtigsten Krankenhauskeimen überhaupt, vor allem auf Intensivstationen. Ausbrüche hierzulande gehen daher häufig auf Patienten zurück, die zuvor im Ausland behandelt wurden. Die Übertragung erfolgt über direkten Körperkontakt oder indirekt über Gegenstände, aber auch über die Luft. Die Erreger können lange in trockener Umgebung überleben.
Das Gros der Keime, die in Krankenhäusern für Infektionen sorgen, sind normalerweise harmlose Bakterien, mit denen viele Menschen besiedelt sind. Für immungeschwächte Menschen können sie jedoch zur Gefahr werden. Etwa 90 Prozent der Krankenhausinfektionen rühren von Keimen her, die mit einem Antibiotikum wirksam bekämpft werden können.
Problematischer sind Erreger, die Resistenzen entwickelt haben. Die Entwicklung neuer Antibiotika hinkt dem bislang hinterher – unter anderem, weil die potenzielle Kosten-Gewinn-Bilanz von vielen Pharmafirmen als zu schlecht eingeschätzt wird. Der Umweltkeim Acinetobacter baumannii und andere Arten aus dieser Bakteriengruppe entwickeln derzeit in zunehmendem und besonders ausgeprägtem Maße Resistenzen, die therapeutischen Möglichkeiten werden knapp.
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