Ärzte kritisieren Kassen

Keine Hilfe für Dicke

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Ernährungsexperten werfen den deutschen Krankenkassen Egoismus und mangelndes Engagement im Kampf gegen Übergewicht vor. Bereits vor zwölf Jahren habe die Weltgesundheitsorganisation WHO festgestellt, dass Adipositas eine chronische Erkrankung sei, sagte Professor Dr. Stephan Bischoff von der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) am Donnerstag in Hamburg. In Deutschland seien Behandlung und Prävention aber bis heute nicht erstattungsfähig.

Die Ernährungsprogramme der Kassen seien vor allem Mittel zur Eigenwerbung, kritisierte der Wissenschaftler von der Universität Hohenheim zum Auftakt eines dreitägigen Kongresses von Ernährungsmedizinern. „Die Kassen sind nicht daran interessiert, etwas an der Ursache zu tun“, sagte Bischoff. Scharfe Kritik kam auch von der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGKJ). Es sei ein Skandal, dass es mangels Geld viel zu wenige Therapiemöglichkeiten für krankhaft dicke Kinder und Jugendliche gebe, sagte der Vorsitzende der DGKJ-Ernährungskommission Professor Dr. Berthold Koletzko.

In Deutschland leiden nach Angaben der DGEM rund 16 Millionen Menschen an krankhaftem Übergewicht. Darunter sind etwa 650.000 Kinder und Jugendliche. Ernährungsbedingte Krankheiten verursachten jährlich etwa 70 Milliarden Euro Kosten für das Gesundheitswesen. „Wenn wir es schaffen, Adipositas zu bekämpfen, werden viele anderen Erkrankungen wie Tumore, Diabetes und Herzinfarkte weniger häufig auftreten“, sagte DGEM-Vorstandsmitglied Bischoff. Auf Dauer würde sich ein stärkeres Engagement der Kassen deswegen allemal lohnen.

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