Angestellter ärgert sich über Chef

Kein Coronabonus für Boten: „Wir sind es nicht wert“

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Berlin -

Vor Ablauf des steuerfreien Corona-Bonus Ende März gehen bei einigen Apothekenangestellten noch Sonderzahlungen auf dem Konto ein. Doch nicht alle Mitarbeiter:innen profitieren. Ein Botenfahrer aus Berlin kritisiert, dass er und seine Kolleg:innen aus dem Lieferteam keinen Zuschlag vom Chef erhalten, obwohl sie täglich direkten Kundenkontakt haben. Dass dies kein Einzelfall ist, zeigt das Ergebnis einer aposcope-Befragung.

40 Prozent der Chef:innen, die einen Corona-Bonus zahlen, gewähren diesen laut aposcope-Befragung nur einem Teil des Teams. Auch Reiner Evers* erhielt noch nie einen Zuschlag. „Die, die drinnen arbeiten schon“, sagt der Fahrer aus Berlin und meint damit das pharmazeutische Personal, das in den Apotheken seines Chefs arbeitet. Zuletzt habe es auf Nachfrage beim Inhaber nur geheißen, die Fahrer seien ersetzbar. „Wir sind für ihn nichts wert“.

Bot:innen als vergessene Minderheit

Dabei fahre er in der Regel vier bis fünf Stunden Arzneimittel für Heime aus. Meist dauere es länger, sagt Evers. Die Betriebe seines Chefs versorgen mit rund zehn Lieferfahrer:innen rund 60 Pflegeeinrichtungen – die Ware wird teilweise bis 23 Uhr ausgeliefert. Der Angestellte will auf eine Minderheit in Apotheken aufmerksam machen, die sich in der Pandemie auch täglich der Gefahr einer Ansteckung aussetzt.

„Ich fahre fünf Tage die Woche Medikamente in Pflegeheime zur Versorgung der Bewohner. Ich betrete somit fünf Tage die Woche sieben Pflegeheime und bringe circa 750 Menschen täglich ihre Medikamente. Wir kommen hier mit Sackkarren.“ Pro Etage müsse er sich von einem oder einer Angestellten die Übergabe quittieren lassen. „Die Pfleger haben auch ihren Job, das zieht sich manchmal.“ Wegen des Wartens auf eine Unterschrift könne sich die Arbeitszeit in die Länge ziehen.

Pro Stunde erhält Evers nach eigenen Angaben 9,50 Euro brutto. Auch andere Sonderzahlungen oder Mitarbeiterrabatte gebe es nicht für Fahrer:innen. „Eine monatliche Bonuszahlung in Form von Tankgutschein oder einer Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel bekommen nur bestimmte Abteilungen und Fachkräfte in unserer Apotheke. Die Lieferfahrer sind auch hier wieder einmal ausgeschlossen.“

Warum er trotzdem bei der Apotheke bleibt? Der Inhaber zahle pünktlich, das gebe es nur noch selten. Als er erfahren habe, dass einige Angestellte noch einen Corona-Bonus erhielten, habe er sich allerdings wieder geärgert. „Auch wenn wir Fahrer uns damit abgefunden haben, geht es mir ums Prinzip. Wenn wir Fahrer nicht fahren, dann würden ein Teil in der Kette fehlen. Das begreift er nicht.“

Inhaber:innen betonen Wert aller Angestellten

Nicht alle Inhaber:innen sehen die Botenfahrer:innen getrennt vom pharmazeutischen Personal. Apotheker Wolfram Schmidt aus Northeim schüttete 15.000 Euro Corona-Bonus an seine Mitarbeiter aus – an alle, wie er sagt. „Natürlich haben meine Mitarbeiter unterschiedliche Funktionen und eine unterschiedliche Bezahlung, aber sie haben den gleichen Wert.“ Das Botengeschäft sei keine Kleinigkeit, betont der Chef von rund 50 Angestellten. „Für viele Kunden ist es der einzige Kontakt zur Apotheke. Die Wirkung der Fahrer und der Mitarbeiter am Telefon fallen genauso auf die Apotheke zurück wie ein unfreundlicher Apotheker.“ Schmidt zahlte 400 Euro pro Kopf, Teilzeitkräfte wurden entsprechend anteilig bedacht. „Genauso wie Reinigungskräfte tragen die Fahrer zum Erfolg bei.“

Ein anderer Inhaber aus Niedersachsen weist darauf hin, dass in der Pandemie auch auf die Botenfahrer:innen mehr Arbeit zugekommen sei. „Sie setzen sich auch einer Gefahr aus, wenn sie an der Haustüre stehen. Das sollte man würdigen. Immerhin sind sie auch mitten im Geschehen.“ Alle Angestellten der Apotheke seien wichtig, deshalb habe er auch seine Lieferanten mit einem Corona-Bonus belohnt.

Der Abda zufolge wurden täglich rund 300.000 Botendienste vor Beginn der Corona-Pandemie durchgeführt. In der Hochphase im März 2020 habe sich die Zahl einer Umfrage zufolge um 50 Prozent auf 450.000 pro Tag gesteigert. Mit knapp 98 Prozent bieten den Lieferservice fast alle Apotheken an. Die Hälfte der Apotheken mit Botendienst fuhr 2020 einmal täglich zu den Kund:innen. Manche Inhaber bieten auch eine taggleiche Belieferung von Rx-Arzneimitteln ab und fahren deshalb zweimal zur Kundschaft. Pro Fahrt wird der Service für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen mit 2,50 Euro vergütet.

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