Im baden-württembergischen Kehl haben sich zehn Einzelhandelsgeschäfte mit drei Apotheken zusammengeschlossen und liefern seit Dezember direkt nach Hause. Der Kunde kann sich in teilnehmenden Geschäften die Ware aussuchen, die dann für einen kleinen Aufpreis vom Botendienst der Apotheken ausgefahren wird.
„Kehl bringt’s“ ist eine Aktion, mit der die Kehler Einzelhändler der Abwanderung ihrer Kunden ins Internet entgegentreten wollen. Kehl soll als erfolgreiche Einkaufsstadt gestärkt werden: Der Service soll einen Beitrag dazu leisten, das Einkaufen in der Stadt attraktiver zu gestalten. „Der Kunde möchte eine attraktivere Innenstadt, und mit dem Lieferservice wird ein Betrag dazu geleistet“, sagt Fiona Härtel, Geschäftsführerin des Stadtmarketings. Im Kern geht es darum, dass Kunden der teilnehmenden Geschäfte sich Waren bis zu einem Gesamtgewicht von 15 Kilogramm nach Hause liefern lassen.
Bisher beteiligen sich zehn Einzelhandelsgeschäfte an der Aktion, darunter ein Lebensmittel- und ein Elektrofachmarkt, zwei Schuhgeschäfte und ein Modegeschäft. „Wir rechnen jedoch schnell mit weiteren Teilnehmern, da dies für den Einzelhändler mit keinerlei Kosten verbunden ist“, sagt Gerald Albrecht, Inhaber der Stadt-Apotheke. Denn die Auslieferung der Waren übernehmen im monatlich rotierenden Wechsel drei Kehler Apotheken: die Hanauerland-Apotheke, Rohan's Anker-Apotheke und die Stadt-Apotheke Kehl.
Entstanden sei die Idee im Rahmen einer Kooperation von CityForum Kehl und des Stadtmarketings. Die im City-Forum Kehl vereinten Geschäftsleute, zu denen auch die Inhaber der drei beteiligten Apotheken zählen, treffen sich laut Albrecht monatlich, um über die aktuellen Entwicklungen in der Stadt zu diskutieren und Strategien für die Zukunft zu entwickeln.
In Gesprächen wurde die Idee geboren, den von Apotheken angebotenen Botendienst auch für Produkte des Einzelhandels zu nutzen. „Da wir Apotheken bereits über Lieferwagen und Fahrer verfügen, haben wir uns entschieden, dem neuen Konzept eine Starthilfe zu geben“, erklärt Albrecht die Beweggründe der Apotheker, sich an dem Projekt zu beteiligen. Auch komme der Umweltaspekt zum Tragen: Unnötige Fahrten würden so reduziert. Sollte das Modell breit angenommen werden, will das Cityforum den Lieferservice selbst organisieren und dazu ein eigenes Auto anschaffen.
Im Einzelnen funktioniert das Konzept so: Durch den neuen Lieferservice sollen vor allem die Kunden angesprochen werden, denen es entweder nicht möglich ist, ihre Einkäufe selbst nach Hause zu bringen, oder die wegen gerade nicht vorrätiger Ware nochmals in die Geschäfte hätten kommen müssen.
„Bevor der Kunde eventuell enttäuscht nach Hause geht, im Internet bestellt und damit für den innerstädtischen Handel langsam verloren geht, liefern wir ihm die Ware nach Hause“, sagt Albrecht. Waren, die bis 12 Uhr gekauft oder bestellt werden, könnten noch am selben Tag zwischen 16 und 18 Uhr ausgeliefert werden. Bestellungen nach 12 Uhr werden nach Angaben des Apothekers am nächsten Tag ausgefahren.
„Drehkreuz“ ist ein Elektrofachgeschäft, das für diesen Service die nötige Lagerfläche reserviert hat. Die Einzelhändler liefern ihre Ware in fest verschlossenen Päckchen dort ab. Später werden sie vom Botendienst der Apotheken abgeholt und an den Kunden ausgeliefert. Der Service deckt nach Angaben von Albrecht das Kehler Stadtgebiet sowie festgelegte weitere Postleitzahlenbereiche ab. Abgerechnet wird der Lieferservice direkt mit dem jeweiligen Einzelhändler. „Es findet also keinerlei Geldfluss an der Haustüre statt“, versichert der Apotheker.
Die Lieferkosten von 2,99 Euro gehen in zwei Töpfe: Einen Euro erhält das Elektrofachgeschäft für seine Funktion als Drehkreuz. 1,99 Euro sollen in einer Spendendose gesammelt und am Jahresende medienwirksam an ein wohltätigen Zweck gespendet werden. „Somit wird auch kein Erlös buchhalterisch in der Apotheke erfasst“, erklärt Albrecht.
Um eine direkte Verbindung zur Apotheke zu vermeiden, sollen die Lieferfahrzeuge außerdem mit Magnetschildern ausgestattet werden. Die Autos tragen dann das Logo „Kehl bringt's“. Sowohl das Regierungspräsidium Freiburg als auch die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg haben nach Angaben des Apothekers den in dieser Form neuartigen Lieferservice abgesegnet.
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