Narrenfreiheit in Apotheken APOTHEKE ADHOC, 23.02.2017 15:21 Uhr
In den Karnevalshochburgen Köln, Düsseldorf und Mainz machen sich die tollen Tage auch in den Apotheken bemerkbar. Viele Teams verkleiden sich und dekorieren die Offizin zur Freude der Kunden. Bei der Dekoration setzen viele allerdings eher auf Fingerspitzengefühl und Zurückhaltung.
Wenn in Düsseldorf, Köln und Mainz der karnevalistische Ausnahmezustand herrscht, geht das auch an den Apotheken in den Innenstädten nicht spurlos vorüber. Auch Gunther Franke von der Ubier-Apotheke in Köln macht mit: Sowohl er als auch seine Mitarbeiter verkleiden sich gern. Während es in der Apotheke am Donnerstag anlässlich der Weiberfastnacht relativ ruhig zugehe, steppe draußen bereits der Bär, erzählt der Apotheker. „Seit acht Uhr ist auf den Straßen eine Menge los“. Die Karnevalisten würden bereits um acht Uhr morgens vor den Kneipen stehen und auf den Einlass warten. „Sonst kommen sie nicht mehr rein“. Auch im Team der Apotheke geht es in diesen Tagen lockerer zu. „Die Stimmung ist auch sonst super, aber an Karneval ist es noch etwas fröhlicher“, sagt Franke.
Obwohl der Alkohol in der fünften Jahreszeit in Strömen fließt, gibt es in der Ubier-Apotheke nicht auffällig mehr Vorfälle mit betrunkenen Narren. „Natürlich kommt der eine oder andere Kostümierte, der so seine Probleme mit dem Alkohol hat“, sagt Franke. „Die meisten benehmen sich aber trotzdem noch adäquat“. Diejenigen, die mehr auffallen, bekomme man mit pharmazeutischer Professionalität eigentlich immer gut in den Griff.
Auch der Schlips von Nils Mayer, dem Inhaber der Adler-Apotheke in Mainz, musste traditionsgemäß heute dran glauben. Seine Mitarbeiter lassen es sich nicht nehmen, sich zu verkleiden. Bei der Dekoration der Offizin setzt der Apotheker auf Fingerspitzengefühl. „Bei aller Feierlaune darf man nicht vergessen, dass zu uns auch Menschen kommen, die gerade eine schlimme Nachricht bekommen haben oder denen es wirklich ganz schlecht geht“, gibt er zu bedenken. Deshalb sind lediglich die Schaufenster der Apotheke im venezianischen Stil mit bunten Masken dekoriert.
Derzeit würden viele Kunden mit teilweise starken Erkältungssymptomen in die Apotheke kommen, berichtet Mayer. Ihnen rate man vor allem, den Alkohol zu meiden und sich trotz Karneval auszuruhen. Viele Kunden seien dennoch einzig an der Symptombekämpfung interessiert, um sich ungehindert in das Karneval-Geschehen zu stürzen. „Manche Kunden befolgen aber unsere Empfehlungen“, berichtet der Pharmazeut. Insgesamt merke man an den Tagen des Karnevals einen Umsatzrückgang. „Es kommen weniger Kunden in die Apotheke, weil sie alle am Feiern sind“.
Von Freitag auf Samstag hat die Adler-Apotheke Notdienst. Am Rosenmontag sind dagegen alle Innenstadt-Apotheken vom Notdienst befreit. Jecken, die Medikamente brauchen, müssen in die Peripherie ausweichen. „Die Innenstadt ist gesperrt. Da kommt kein Auto durch“, erklärt Mayer. „Es ist auch schlicht unzumutbar, kranke Menschen durch die taumelnde und singende Menschenmasse zu schicken“.
Weiberfastnacht gehört in der Apotheke am Hauptbahnhof in Köln laut PTA Britta Rabe eher zu den ruhigeren Tagen des Jahres. „Sonst ist hier die Hölle los“, sagt sie. Heute seien aber viele bereits in den Kneipen unterwegs. Die meisten Kundenwünsche in der Karnevalszeit seien Schmerzmittel wie Ibuprofen und ASS. Auch die Mitarbeiter der Apotheke kommen kostümiert zur Arbeit. In diesem Jahr gehörten unter anderem ein Cowboy, ein Marienkäfer und ein Hippi-Mädchen zum Team. Die Apotheke sei klassisch in rot-weiß geschmückt.
Auch wenn einige Jugendliche alkoholisiert durch den Bahnhof laufen, mache sie sich über ihre Sicherheit keine Sorgen. „Wenn man in einem Bahnhof arbeitet, muss man bedenken, dass immer was passieren kann“, sagt sie. Das sei schließlich Dreh- und Angelpunkt nicht nur der Stadt Köln, sondern auch der gesamten Region. Außerdem werde die Apotheke von eigenen Security-Männer gesichert. Auch die Polizei habe ihre Präsenz verstärkt. „Bei uns ist jedenfalls niemand verunsichert“, betont Rabe.
Während in Deutschland das närrische Treiben am Donnerstag mit der Weiberfastnacht beginnt und am Rosenmontag seinen Höhepunkt hat, wird Fasching in Österreich am Dienstag und Mittwoch gefeiert. Auch wenn der Fasching im Alpenland nicht eine ganz so große Rolle spielt wie in den deutschen Hochburgen, haben Karnevalsbräuche eine lange Tradition. Faschingsumzüge und Fastnachtstreiben gibt es in den unterschiedlichsten Formen. Daher lassen es sich auch Apotheken in Nachbarland nicht nehmen, am Faschingsdienstag ihre Kunden im Kostüm zu empfangen und karnevalistische Stimmung zu verbreiten.
Die Mitarbeiter der Grazer Kronen-Apotheke etwa kostümieren sich jedes Jahr, auch wenn „Fasching in der Umgebung der Apotheke nicht so wahnsinnig populär ist“, wie Apothekerin Margit Hasiba erzählt. Aber ihre Mitarbeiter und sie selbst haben immer Spaß und sorgen Jahr für Jahr für gute Stimmung in der Offizin. Das Team der Kronen-Apotheke in Graz erfreut die Kunden seit Jahren mit bunten nach einem Motto gestalteten Kostümen.
Im vergangenen Jahr konnte man die Mitarbeiterinnen und die Chefin der Apotheke nicht nur in Petticoats erleben. Sie bewiesen, dass Apothekenmitarbeiter auch tanzen können, und legten zwischendurch einige Rock-and-Roll-Tänzchen aufs Offizin-Parkett. In diesem Jahr heißt das Motto „Indien“. „Die Frauen tragen dann einen Sari“, erklärt die Apothekerin Margit Hasiba. Das einzige männliche Teammitglied trägt ebenfalls traditionelle Tracht der Inder. Am Faschingsdienstag können die Kunden der Apotheke außerdem einen Massalo-Chai, einen indischen Tee, verkosten und mit den Mitarbeiterinnen der Apotheke ein paar einfach Joga-Übungen machen.
In der Vergangenheit gab es auch das Motto „Chicago“. In jenem Jahr durften sich die Kunden auf einen alkoholfreien und vitaminreichen Apotheken-Cocktail freuen. Unter dem Motto „Blumenwiese“ bekamen sie eine Narzisse mit nach Hause. „Es ist gar nicht so einfach, immer wieder neue Themen auszudenken“, gibt Hasiba zu. Es geht auch schon mal daneben. So sei das Motto „Sträfling“ bei den Kunden gar nicht so gut angekommen. „Sie bekamen dann Brot und Wasser in der Apotheke“, erzählt die Pharmazeutin. Das sei aber eine Ausnahme gewesen. Denn die Kronen-Apotheke werde in der Faschingszeit sehr gern von den Kunden angesteuert, „weil sie wissen, dass es hier dann immer etwas Besonderes gibt“.
In der Kosmas-Apotheke im österreichischen Ligist kommen die Mitarbeiterinnen seit sechs Jahren am Faschingsdienstag immer kostümiert zum Dienst. Auch hier gibt man sich jedes Jahr ein Motto. Eine ehemalige Mitarbeiterin der Apotheke, die ursprünglich eine Schneider-Lehre absolviert hat, hat für dieses Jahr für das gesamte Team Tüllröcke für die Waldfeen-Kostüme der Mitarbeiterinnen genäht. „Es macht uns allen einfach sehr viel Spaß“, sagt PKA Anja Nowak. Für die Kunden der Apotheke gibt es dann nicht nur etwas zu sehen, sondern auch eine leckeren Krapfen auf die Hand.