Congress-Apotheke: Klavier gegen Baulärm

Berlin -

Seit sechs Jahren hat Apotheker Patrick Kwik aus Karlsruhe eine Baustelle vor der Tür. Er nimmt‘s mit Humor und weiß, dass Musik über vieles hinweg hilft und auch gut gegen Baulärm ist. Deshalb macht er zum zweiten Mal bei der Aktion „Spiel mich“ mit. An vielen Orten in Karlsruhe stehen derzeit Klaviere. Jeder ist eingeladen, dem Rest der Welt etwas vorzuspielen.

„Ich spiele leidenschaftlich gern Klavier, von klein an“, sagt Kwik. Am liebsten Mussorgski oder Chopin. „Ich habe bis ins hohe Jugendalter oft gespielt, dann eine Zeitlang wenig und jetzt wieder mehr“, sagt er. Jeden Morgen schiebt er derzeit mit seinen Kollegen das Klavier vor seine Apotheke. Über die Stadt verteilt warten sechs Wochen lang 14 Klaviere auf Musiker.

Kwik ist wie 13 andere Karlsruher „Pate“ und kümmert sich um die Pflege der sensiblen Musikinstrumente. Die Idee stammt vom Stadtmarketing und läuft noch bis zum 6. August. Partner aus Kultur und Handel organisieren zusätzlich zu den spontanen Auftritten Konzerte und musikalische Inszenierungen. Nach der Aktion werden die Musikinstrumente für wohltätige Zwecke versteigert.

Morgens rollt Kwik mit Hilfe seiner Mitarbeiter das Piano vor die Eingangstür. Dann beginnt die fröhliche Zeit des Wartens. Wird jemand kommen und spielen? Meist nimmt schon nach kurzer Zeit ein Mensch auf dem Klavierschemel Platz, der entweder gut oder gerne oder beides spielt. „Manchmal halten sogar die Bauarbeiter inne“, sagt Kwik. Und fügt hinzu: „Baulärm ist etwas Schreckliches!“ Man gewöhnt sich nie so richtig daran. Seit sechs Jahren sind die Bauarbeiter vor der Congress-Apotheke im Einsatz. „Ab 2021 soll die Straßenbahn in Karlsruhe unterirdisch fahren, bei uns befindet sich dann die erste Haltestelle“, erzählt der Apotheker.

Anfangs verzeichnete er einen Umsatzrückgang von 50 Prozent, nach und nach kamen die Stammkunden wieder, von der Stadt erhält die Congress-Apotheke eine finanzielle Entschädigung, die allerdings nicht das gesamte Minus auf dem Konto auszugleichen vermag.

Für ihn war klar, dass er bei „Spiel mich!“ mitmacht: „Die Passanten spielen die schönsten Sachen“, sagt er. Und auch für sein Team und ihn ist es eine schöne Aktion: „Ich wollte einen Lichtblick haben. Um mich herum im Viertel haben schon drei Apotheken geschlossen.“ Nicht jeder Apotheker hatte den langen Atem, um die langjährige Baustellensituation „auszuhalten“. Das Mantra für die Congress-Apotheke hat Kwik längst festgelegt: „Man muss optimistisch bleiben.“ Auch seine Kunden sind es, nehmen auch mal einen Umweg in Kauf, um zu seiner Apotheke zu gelangen.

Apotheken sind musische Orte, hier arbeiten viele Menschen mit Liebe zur Kunst. GeloRevoice und APOTHEKE ADHOC suchten bis vor Kurzem Gesangstalente aus der Apotheke. Der Berliner Vocal-Coach und Musikproduzent Nik Hafemann sichtet derzeit die Video-Einsendungen, auf denen PTA und Apotheker ihre Lieblingslieder singen. Fünf Finalisten werden im September in Berlin ein Stimm-Coaching in den legendären Hansa-Studios absolvieren.