APOTHEKE ADHOC Umfrage

Kampf gegen Medikamentensucht: Ärzte sind gefragt

, Uhr
Berlin -

Laut Professor Dr. Gerd Glaeske sind rund 1,5 Millionen Menschen abhängig von Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Das Problem ist schon lange kein Randthema mehr. Die Teilnehmer einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC sehen vor allem die Ärzte in der Pflicht, den Kampf gegen Medikamentensucht ernst zu nehmen – sie stellten schließlich die Verordnungen aus. Aber auch Apotheker, Politik und Patienten selbst seien gefragt. Die Krankenkassen spielten eine eher untergeordnete Rolle. Eine Mehrfachauswahl bei der Stimmabgabe war möglich.

Die Wochenzeitung „Zeit“ hatte berichtet, dass deutsche Apotheken im vergangenen Jahr 18,7 Millionen Packungen verschreibungspflichtiger Schlafmedikamente verkauften, die bei dauerhafter Einnahme abhängig machten. Immer mehr dieser Präparate würden auf Privat- statt auf Kassenrezept verordnet werden, eine Kontrolle werde schwieriger, so Glaeske gegenüber der Zeitung.

76 Prozent der Teilnehmer befanden, dass die Ärzte als verordnende Instanz den größten Hebel hätten, um Medikamentensucht einzudämmen. Was sie nicht verschreiben, wird auch nicht abgegeben. 45 Prozent sehen die Apotheker in der Pflicht – da sie die Arzneimittel letztlich abgeben. Eine aufklärende Beratung könnte bei den Patienten für mehr Verständnis für die Risiken einer unkontrollierten Einnahme sorgen.

41 Prozent sehen Politik und Gesellschaft in der Verantwortung. Abhängigkeit sei ein Thema, das alle anginge – insofern seien Verbände, Organisationen und Politiker gefragt. Auch Glaeske hatte gegenüber der „Zeit“ eine Begrenzung von Packungsgrößen gefordert, wie es etwa bei Ritalin bereits geschehen sei. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe aber derzeit keine derartigen Pläne.

Bei allem seien aber auch die Patienten in der Pflicht, selbst auf eine sachgemäße Anwendung der Arzneimittel zu achten. Ein ehemaliger Abhängiger hatte gegenüber der „Zeit“ erklärt: „Ich habe mich die ganze Zeit sauber gefühlt. Mein Dealer war der Apotheker, und mit meinem Stoff habe ich noch eine Packung Taschentücher bekommen.“ Die Gefahr, abhängig zu werden, sei bei regelmäßiger Einnahme schon nach drei bis sechs Wochen groß, sagte Glaeske.

Nur 20 Prozent der Stimmen entfielen auf die Krankenkassen. Da sie die Abrechnungen von Ärzten und Apotheken sähen, müssten sie bei Missbrauchsverdacht Alarm schlagen, finden die Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC. Allerdings, so Glaeske, würden Schlaf- und Beruhigungsmittel zunehmend auf Privatrezept verordnet. Damit hätten die Kassen weniger Möglichkeiten, eventuelle Medikationsfehler zu entdecken.

An der Umfrage nahmen am 11. und 12. Juni insgesamt 172 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Verzögerungen wegen „KOB light“?
ePA: Die Angst vor Abmahnungen
Tausende Filialen schließen
USA: Kahlschlag bei Apothekenketten
Benzolbildung verhindern
BPO besser im Kühlschrank lagern
Mehr aus Ressort
Saison startete 3 Wochen früher
Klimawandel verlängert Stechmücken-Zeit
Bei kaum längeren Fahrzeiten
Bessere Schlaganfallversorgung möglich

APOTHEKE ADHOC Debatte