Knapp 4000 Unterstützer haben bislang die Petition pro Rx-Versandverbot von Pharmaziestudent Benedikt Bühler allein online gezeichnet. Seit knapp einer Woche ist sie online. 50.000 Unterschriften sind das Ziel. Jetzt ruft auch die Landesapothekerkammer Hessen zur Unterstützung auf. Nach wie vor hält die Kammer das Rx-Versandverbot für den sichersten Weg zur Wiederherstellung der Gleichpreisgkeit. Zugleich kritisiert die Kammer das Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als unzureichend.
„Wir kämpfen seit dem EuGH-Urteil vom 19.10.2016 dafür, dass die uneingeschränkte Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln wiederhergestellt wird. Dass ein RxVV hierfür die sicherste Methode ist, steht außer Frage. Wir alle wissen, dass Mehrheiten hierfür derzeit nicht auch nur im Entferntesten erkennbar sind“, lautet der Aufruf. Im derzeit vorliegenden Kabinettsentwurf werde zwar dezidiert dargelegt, warum die Preisbindung bei Rx für den Erhalt der flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort unerlässlich sei, aber die dort vorgesehen Regelungen beträfen ausschließlich den GKV-Bereich. „Gleichpreisigkeit heißt aber Preisbindung für jedes Rx-AM, das ein Patient in Deutschland erhält – unabhängig von seinem Versichertenstatus und unabhängig von der beziehenden Apotheke!“
Wenn die Petition das notwendige Quorum erreiche, könne diese vielleicht im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren hilfreich sein. „Daher ist es notwendig, dass das Quorum schnell erreicht wird. Machen Sie mit! Der Vorstand der Kammer ruft Sie daher auf, die Petition zu unterstützen! Lassen Sie und gemeinsam jede Möglichkeit nutzen, Gleichpreisigkeit in unserem Sinne wiederherzustellen“, so der Aufruf.
Zuvor hatte sich bereits die Apothekergenossenschaft Noweda für Bühlers Petition ins Zeug gelegt. Alle Noweda-Kunden erhielten mit den Arzneimittelwannen Post aus Essen. In einer „Sonder InfoMail“ forderte Noweda-Chef Dr. Michael Kuck klare Kante und ein Zurück zum Rx-Versandverbot. Noweda rief alle Apotheken auf, die Bundestagspetition zu zeichnen.
Die Headline des Noweda-Schreibens lautet: „Zurück zum Rx-Versandverbot für den Erhalt der Apotheke vor Ort! Sie haben es in der Hand!“ Vor wenigen Stunden sei Bühlers direkt beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingereichte Petition zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach erfolgter rechtlicher Prüfung veröffentlicht und zur Mitzeichnung freigegeben worden, heißt es darin. Bühler Petition unterscheide sich von den bisherigen Petitionen zum Rx-Versandverbot, dadurch, dass nach erreichen des Quorums von 50.000 Zeichnern eine öffentliche Diskussion im Petitionsausschuss stattfinden müsse, „bei der Herr Bühler sein Anliegen nochmals vorbringen kann“. Dafür bleiben insgesamt knapp 30 Tage Zeit.
„Für Sie alle hat die Umsetzung des Rx-Versandhandelsverbots Relevanz. Wir bitten Sie daher: Unterzeichnen auch Sie diese Petition und laden Sie außerdem Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie weitere Interessenten, zum Beispiel Ihre Kunden und Patienten oder Familienmitglieder aktiv dazu ein“, so der Noweda-Aufruf. Es handele sich um einen wichtigen Schritt, der nur wenig Aufwand erfordere, aber großen Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen könne, hofft Noweda offenbar noch auf eine politische Wende beim Apothekenthema.
Man solle „bitte bedenken“, dass eine verhältnismäßig niedrige Zahl von Petitionsteilnehmern den Gegnern der inhabergeführten Vor-Ort-Apotheken in die Hände spiele. „Vorstand und Geschäftsleitung der Noweda werden ebenso wie viele Noweda-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter die Petition mitzeichnen. Lassen Sie uns gemeinsam Flagge zeigen – für die flächendeckende Versorgung durch die Apotheke vor Ort und damit auch für die Patienten, die auf diese Versorgung angewiesen sind“, endet der Aufruf. Seit gestern haben aktuell 1362 Unterstützer die Petition gezeichnet.
Mit ihren Aufrufen stellen sich Noweda und die Apothekerkammer Hessen gegen die Einschätzung von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Am Tag der Zustimmung des Kabinetts zum VOASG hatte der ABDA-Präsident in einem Interview angekündigt, sich nicht weiter für ein Rx-Versandhandelsverbot zu „verkämpfen“. Die Abkehr vom Rx-Versandverbot will Schmidt auch nicht als Niederlage werten: „Ach, Sieg und Niederlage sind hier nicht die richtigen Kategorien. Die Bundesregierung wählt nun ein anderes Mittel, um das Ziel zu erreichen, das wir beide haben: Den Erhalt und die Stärkung der Apotheken vor Ort für eine flächendeckende Versorgung der Menschen. Da ergibt es keinen Sinn, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen.“ Man müsse Kompromisse machen, wenn man verhindern wolle, dass Lösungen gleich wieder von einer nächsten Bundesregierung kassiert würden.
Aber noch vor einiger Zeit habe es bei der ABDA doch geheißen, ein Verbot des Versandhandels sei alternativlos, hakt der Fragesteller nach. „Wir haben lernen müssen, dass es für eine Generation, zu der auch unser Bundesgesundheitsminister gehört, nicht mehr vorstellbar ist, den Onlinehandel zu verbieten. Er gehört zum Alltag einfach dazu. Es gibt in Politik und Gesellschaft keine Mehrheit für ein Verbot. Deshalb sind wir zu dem Schluss gekommen, uns hier nicht weiter zu verkämpfen.“
Die Erfolgsaussichten der Bühler Petition sind nur schwer einzuschätzen. Bühle selbst hatte alle Apotheken aufgerufen, Unterschriftenlisten auszulegen. Sofern ist unklar wie viele Unterschriften neben der Online-Zeichnung am Ende eingereicht werden können. Vor einem Jahr hatte Apotheker Christian Redmann auf openpetition.org ebenfalls eine Petition pro Rx-Versandverbot gestartet und dafür knapp 60.000 Unterschriften gesammelt und an den Petitionsausschuss des Bundestages weitergereicht. Dort blitzte er aber ab.
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