Digitalisierung

Jungunternehmer wollen Apotheken optimieren

, Uhr aktualisiert am 27.06.2016 18:26 Uhr
Berlin -

Was heute bereits bei Essen, Flügen oder Hotelzimmern über das Internet möglich ist, wird nun auch für rezeptfreie Medikamente geboten: Ein Leipziger Start-up-Unternehmen will die Apotheken digitalisieren. Die Internetseite „Apoly“ berät Patienten bei der Selbstdiagnose und Auswahl rezeptfreier Medikamente. Partnerapotheken und Apoly liefern die empfohlenen und wirksamsten OTC-Arzneimittel innerhalb einer Stunde gegen eine Provision nach Hause. Der Hersteller Merck unterstützte die Jungunternehmer dabei, die Geschäftsidee zu verwirklichen.

„Die letzten 40 Jahre hat sich in Apotheken ja nicht viel verändert“, sagt Luca Christel. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer von Apoly. Er findet, dass sich heutige Apotheken dem digitalen Wandel anpassen sollten. Der 27-jährige gebürtige Berliner will die Einfachheit der Apotheke unter dem Motto „Simplify Healthcare“ hervorheben.

Und so funktioniert das Apoly-Prinzip: Besucher mit häufig auftretenden Beschwerden haben die Möglichkeit, in einem Textfeld entweder das „Symptom“, das „Medikament“ oder die „PZN“ (Pharmazentralnummer) einzutippen. Bei dem Wort „Husten“ beispielsweise wird dem Nutzer eine Liste mit Symptomen wie „Keuchhusten“, „Hustenreiz“ oder „Verschleimter Husten“ sowie verschiedene Arzneimittel aufgezeigt. Empfohlen werden für das erwähnte Beispiel die Präparate Mucosolvan (Boehringer) und Prospan (Engelhard).

Ist ein Medikament ausgewählt, bietet Apoly zusätzliche Informationen an. Der Patient wird unter anderem über die Zusammensetzung, Anwendung, Nebenwirkungen, Dosierung und Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen des rezeptfreien Arzneimittels in Kenntnis gesetzt. Der Kunde kann also Medikamente und deren Preise vergleichen. Schwangeren wird zum Beispiel von Prospan Hustentropfen abgeraten: „Nicht anw. wg. nicht ausreichender Untersuchungen“, heißt es.

Per Algorithmus werden dem Patienten OTC-Arzneimittel vorgeschlagen – dieser nennt sich „Pillen-Konfigurator“. Er greife auf allgemein zugängliche Informationen zu den Apothekenprodukten zurück, heißt es in den AGB des Unternehmens. Die vom Nutzer erzielbaren Suchergebnisse würden aber in keinem Fall eine Beratung durch den Apotheker beziehungsweise einen Arzt ersetzen.

Zudem schließen Patienten keinen Kaufvertrag ab. Vielmehr sollen die Nutzer aufgefordert werden, selbst den Kontakt zur Apotheke herzustellen. Apoly vermittelt „mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ die Leistungen und leitet die eingegebenen Informationen an die Apotheken weiter. Dennoch kann der Patient Arzneimittel „kostenpflichtig bestellen“. Erst wenn die ausgewählte Apotheke den Auftrag bestätigt, kommt ein Geschäft zustande. Die Partner geben hierbei die möglichen Zahlungsarten vor. Eine Lieferung am selben Tag kostet per Apoly-Botendienst übrigens drei Euro. Eine Zustellung innerhalb von ein bis zwei Stunden kostet zunächst 15 Euro.

Angesprochen werden lokale Apotheken und Patienten im Alter von 20 bis 40 Jahren: „Die 85-jährige Frau Müller gehört nicht in erster Linie zu unserer Zielgruppe“, sagt Christel. Apoly soll dazu dienen, den Komfort und die Beratung beim Medikamentenkauf lokal und digital zu stärken. Er und sein junges Team wollen die traditionelle Apotheke im Duell mit Versandapotheken unterstützen, sagt Christel.

Er selbst hat in Potsdam Biochemie und in Jena BWL studiert. Bei Apoly übernimmt er die Strategieentwicklung. Neben Christel arbeiten ein Mediziner, ein Mathematiker, ein Physiker und eine Management-Absolventin. „Gott sei dank bin ich nicht alleine, es ist viel Arbeit“, sagt Christel. Zusätzlich kooperiert Apoly mit Medizinern und einer Apothekerin. Keiner von ihnen ist über 30 Jahre alt.

Als Quereinsteiger nahm das Leipziger Start-up an einem Förderprogramm des Herstellers Merck teil. Zusammen mit zwei anderen Unternehmen hat es sich laut Merck gegen sieben andere Konkurrenten weltweit durchgesetzt. Im vergangenen September waren die Apoly-Gründer für zwei Tage vor Ort, wo sie die Idee vorstellten.

Es gab wöchentliche Besprechungen, einige Workshops und eine einmalige finanzielle Zahlung, sagt Christel, ohne jedoch die Summe zu verraten. „Es war mehr eine ideelle Förderung. Merck hat keinerlei organisatorische oder strategische Mitsprache. Wir sind aber partnerschaftlich verbunden. Merck ist aufgeschlossen für neue Ideen – das war eine tolle Möglichkeit“, so Christel.

Ursprünglich war Apoly ja als Smartphone-App gedacht. Die Planung habe sich aber verschoben. Bis zur mobilen Anwendung ist der Dienst lediglich auf der Webseite verfügbar. Mittlerweile haben Christel und sein Team sechs Leipziger Apotheken als Partner akquirieren können. Durchweg positiv sei die Resonanz bei den Pharmazeuten. Die Apothekenplattform will deshalb weitere Mitarbeiter einstellen – darunter auch fünf bis sechs Werkstudenten. „Irgendwann sollen alle von Apoly gut leben können“, sagt Christel.

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