Joe, der Apotheker: „Freundliche Menschen gewinnen immer!“ APOTHEKE ADHOC, 29.12.2018 09:24 Uhr
Weihnachten ist das Fest der Besinnlichkeit, eigentlich. Tatsächlich aber bedeutet vor allem die Vorweihnachtszeit für viele Menschen Stress und Unruhe. Geschenke kaufen, Feiern und Reisen organisieren und nicht zuletzt der Jahresendspurt auf der Arbeit. Wer im Handel tätig ist, für den gilt das umso mehr. Für Innehalten ist da meist keine Zeit und auch das Niveau der Gereiztheit steigt noch einmal merklich. Die Freude über die gemeinsame Zeit mit Familie und Freunden steht oft hinter dem sozialen Erwartungsdruck zurück. Apotheker Gianpaolo (Joe) di Nardo ruft deshalb auf, das eigene Verhalten zu reflektieren. Sein Credo: „Freundliche Menschen gewinnen immer!“
„Joe, der Apotheker“ nennt di Nardo sich selbst. „Gianpaolo ist einfach zu lang“, sagt er mit einem Lachen. Unter dem Namen betreibt er seit Kurzen mehrere Kanäle in sozialen Medien, mit denen er sich an interessierte Kunden und Patienten wendet, „natürlich auch als Werbung für mich selbst und meine Apotheke, aber das ist nicht die Hauptsache, sondern dass es mir unglaublich Spaß macht“, erklärt er. Und weil er einiges mitzuteilen hat. Vor allem in der Weihnachtszeit ist sein Mantra aktuell: „Ich finde, man muss einfach geben, weil es glücklich macht, nicht um irgendwelche Erwartungen zu erfüllen.“
Das sei viel zu selten, vor allem in der Zeit um den heiligen Abend: „Deshalb hasse ich diese Geschenksache an Weihnachten. Das ist nicht ehrlich, sondern wird wahrgenommen wie ein Job, der zu erledigen ist. Das ist seelenlos“, sagt er. Dabei könnte alles so schön sein. „Wenn man ohne Erwartungshaltung gibt, dann entstehen magische Dinge“, sagt er. Das ist auch der Duktus eines Posts, für den er „erstaunlich viel positives Feedback“ eingefahren hat. Auf Instagram hat er seinen Gedanken freien Lauf gelassen und so etwas wie ein Manifest für ehrliche Freundlichkeit verfasst.
„Als Apothekeninhaber und Geschäftsmann empfinde ich es als wahnwitzig, wenn Leute denken, dass nette Menschen als Letzte ans Ziel kommen“, schreibt er da. „Die Realität“ sei hingegen, „dass Freundlichkeit die ultimative Stärke nicht nur im Geschäft, sondern auch im Leben ist. Freundliche Menschen gewinnen immer!“ Dafür nennt er auch gleich drei Gründe: „Freundliche Menschen enden nicht als Letzte, sondern böse Menschen die als nett posieren.“ Man dürfe seine Freundlichkeit nicht mit einer Erwartungshaltung beladen, das würden die Leute „aus einer Entfernung von 3 km riechen“. Wer mit einer versteckten Agenda gebe, werde immer verlieren.
Der zweite Grund: „Es ist schwer den Vorteil zu nutzen, wenn man ohne Erwartung gibt.“ Gibt man ohne Erwartungen im Hinterkopf, sei man glücklich, egal was passiert. „Die Leute können dich nicht ausnutzen, weil du ein anderes Spiel spielst. Selbst wenn ich das letzte Hemd in der Beziehung zur Verfügung stelle und ich kurzfristig nichts zurückbekomme, ist das schlimmste Szenario, dass ich durch meine Handlungen einen positiven Einfluss auf jemanden hatte.“
Und der dritte Grund: „Freundlichkeit gewinnt immer, wenn die Uhr Mitternacht schlägt.“ Damit meint er den Blick in die Weite. Das größte Problem sei es nämlich, dass viele nur sehen, dass schlechtes Verhalten kurzfristig Fortschritte macht. Doch das sei weit gefehlt, denn so sehe es nur aus, wenn man lediglich darauf schaut, „wer zur Halbzeit führt“. Doch der Endstand entscheidet das Spiel. „Übergeordnet gesehen wird Freundlichkeit immer belohnt“, schreibt di Nardo alias Joe. „Die Menschen erkennen es nicht, aber die Anzahl an Möglichkeiten, die gute Menschen durch ihre Freundlichkeit gewinnen, ist enorm. Auf der anderen Seite ist auch die Menge der Chancen, die schlechte Menschen aufgrund ihres schlechten Verhaltens verlieren, enorm.“ Sein Fazit: „‚Schlecht‘ führt manchmal in der Halbzeit, aber ‚gut‘ gewinnt immer das Spiel.“
In der Essenz plädiert di Nardo also für mehr idealistisches Verhalten, weil sich das am Ende auch auszahlen wird. Und dass das mit dem Idealismus bei ihm keine leere Phrase ist, hat der 37-Jährige schon tatkräftig bewiesen: Er könnte nämlich auch anders als er tut. Erst seit dem 1. Januar 2018 ist er Inhaber der Apotheke Rohrbach Markt in Heidelberg, zuvor hat er zehn Jahre in der Industrie gearbeitet. Für den Pharmakonzern Novartis hat di Nardo an klinischen Studien gearbeitet.
Vom Weltkonzern wechselte er in eine 150-Quadratmeter-Apotheke mit vier Angestellten. Warum so ein Schritt? „Natürlich habe ich bei Novartis einiges mehr verdient als hier. Aber ich habe schon immer von der Selbstständigkeit geträumt“, erklärt er. Er glaube an die Zukunft der Vor-Ort-Apotheke und ihre gesellschaftliche Rolle. Dazu müssten die Apotheker allerdings auch an ihrer Perspektive arbeiten. „Die Apotheker sollten aufhören, sich ständig zu beschweren und sich stattdessen auf ihre Stärken konzentrieren. Die müssen endlich mal aufwachen, denn die Zeiten sind vorbei, in denen man nur noch darauf warten muss, dass der Kunde reinkommt.“
Und auch hier will er selbst mit gutem Beispiel vorangehen, deshalb seine Rolle als Joe, der Apotheker. „Ich will ein bisschen mit der Zeit gehen und zeigen, dass wir Apotheker nicht langweilig sind.“ Der YouTube-Kanal ist noch neu, er rollt sein Social-Media-Konzept gerade erst richtig aus. „Die Idee habe ich schon seit bestimmt zehn Jahren, aber ich habe mich bisher nie getraut.“ Doch das bisherige Feedback gibt ihm recht.
Und auch bei seinen Videos geht es nicht in erster Linie um Werbung, sondern – wieder ganz idealistisch – um Aufklärung. Beinahe im Influencer-Stil präsentiert er dort verschiedene OTC-Produkte und gibt Anleitungen, Ratschläge und Warnungen. Sein Credo: „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder … Joe, den Apotheker.“ So berät er in mehren Teilen zu Schmerzmitteln: Welches sollte man wann nehmen? Wer sollte Paracetamol auf keinen Fall nehmen? Wie wende ich Ibuprofen richtig an? „Was ich damit eigentlich erreichen will, ist, dass die Leute das nicht alles lesen müssen“, sagt er. „Mein Ziel ist eine Art OTC-Bibliothek in Videoform.“ Doch nicht nur Medikamente, auch Hausmittelchen prüft er auf Herz und Nieren und will auch anderen Themen Raum bieten. Seine Offizin ist eine Schwerpunkt-Apotheke für HIV-Patienten. Dort Awareness zub schaffen, soll ein weiteres Anliegen werden, sagt er. „Ach Gott, ich habe noch so viel vor...“