Fatma Balla lebt und arbeitet seit 2021 in Deutschland. Seit knapp zwei Jahren wartet sie auf ihre Approbationsurkunde. Mittlerweile hat sie der öffentlichen Apotheke den Rücken gekehrt und ist in die pharmazeutische Industrie abgewandert. Dennoch besteht die 27-Jährige aber weiterhin auf ihr Recht, ihr Dokument zu bekommen, „so wie jeder andere auch“.
Balla hat in Italien Pharmazie studiert, wollte jedoch die Hälfte ihres Praktischen Jahres (PJ) im Ausland verbringen und entschied sich daher, nach Deutschland zu kommen. In Italien ist es problemlos möglich, sechs Monate des PJ im Ausland zu absolvieren, berichtet sie. „Danach habe ich hier ein Jobangebot erhalten und bin als Studentin in Deutschland geblieben.“ Ihre italienische Approbation erhielt sie im Dezember 2022 – seitdem wartet sie auf die Anerkennung durch die deutsche Behörde.
Da sie die Absicht hatte, langfristig in der Bundesrepublik zu bleiben, wollte Balla alles richtig machen. „Ich habe gefragt, ob es notwendig ist, in Italien auch das Staatsexamen zu machen. Mir wurde gesagt, dass das nicht nötig sei, weil ich ja in Deutschland arbeiten möchte“, erinnert sie sich. Im Mai 2023 wurde ihr jedoch erklärt, dass sie das Staatsexamen nun doch benötige. Daraufhin leitete sie alles in die Wege: „Also bin ich nochmal nach Italien geflogen, habe das Examen geschafft und bin nach drei Tagen wieder zurück nach Deutschland gereist.“
Im November 2023 legte sie dann erfolgreich die Fachsprachprüfung ab und reichte im selben Atemzug alle notwendigen Unterlagen ein, um ihre deutsche Approbationsurkunde zu erhalten. „Vom Regierungspräsidium kam keine Rückmeldung, bis Mitte November.“ Da erhielt sie ein Schreiben mit der „Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des Apothekerberufs“ vom Hessischen Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP). Diese gilt genau für ein Jahr – bis zum 17.11.2025. „Die Erlaubnis berechtigt nur zu einer nichtselbstständigen pharmazeutischen Tätigkeit unter ständiger Aufsicht und in ständiger Anwesenheit einer approbierten Apothekerin/eines approbierten Apothekers“, heißt es darin.
„Was darf ich denn jetzt überhaupt sagen?“, fragt sich Balla. „Darf ich sagen, dass ich Apothekerin bin? Nein. Approbierte bin ich sowieso nicht. Soll ich sagen, dass ich PTA bin? Nein, das bin ich auch nicht. Was bin ich dann – Apothekerin unter Aufsicht?“ Mit der zuständigen Behörde hat sie ein einziges Mal sprechen können; damals wartete sie bereits seit sieben Monaten auf ihre Dokumente. „Sie sagten mir, meine Wartezeit sei harmlos. Es gebe Menschen, die jahrelang auf ihre Dokumente warten.“ So wie es bei ihr mittlerweile der Fall ist.
Probleme, wie sie Balla hat, sind in Hessen altbekannt. Das weiß auch Apotheker Nikola Bošković, der Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland hilft, in Deutschland Fuß zu fassen. „In Hessen hat sich in den letzten Monaten nichts verändert. Die Menschen warten immer noch monate- oder jahrelang auf ihre Dokumente.“ Er erklärt weiter: „Es macht definitiv einen Unterschied, ob man das Studium in einem EU-Land oder außerhalb der EU abgeschlossen hat. Leider denken viele, dass eine Approbation aus einem anderen EU-Land ausreicht. Richtig ist jedoch, dass man mindestens drei Jahre in diesem EU-Land mit der entsprechenden Approbation gearbeitet haben muss. Dann sollte es bei der direkten Anerkennung keine Probleme geben.“
Auf EU-Ebene regelt Artikel 5 der Richtlinie 2005/36/EG den Umgang mit ausländischen Fachkräften. Apothekerinnen und Apotheker aus einem EU-Land können ihren Beruf vorübergehend in Deutschland ausüben, ohne eine vollständige Anerkennung der Qualifikation zu benötigen, wenn sie die Tätigkeit regelmäßig in ihrem Heimatland ausüben. Für eine dauerhafte Berufsausübung in Deutschland ist jedoch eine formelle Anerkennung erforderlich.
Im Anerkennungsprozess kann es deshalb passieren, dass ausländische Apotheker Deutschland wieder verlassen müssen, insbesondere aus Nicht-EU-Ländern. Nach der Fachsprachprüfung ist eine vorübergehende Berufserlaubnis erforderlich, um in Deutschland arbeiten zu können, bis die unbefristeten Dokumente vorliegen. Sie ist auch notwendig für einen Aufenthaltstitel. „Wenn man ein Jahr oder noch länger auf diese Dokumente warten muss, ist man im Heimatland und nicht in Deutschland“, erklärt Bošković. Apotheker aus der EU können ohne Probleme bleiben, arbeiten jedoch als PKA, bis die entsprechenden Dokumente vorliegen.
Bošković berichtet, dass einige ihre Angelegenheiten mit anwaltlicher Hilfe klären, während andere sich das nicht leisten können. „Entweder deckt die Rechtsversicherung die Angelegenheiten nicht ab, oder sie sind noch im Heimatland und können sich die Kosten nicht leisten. Dann warten sie eben.“ In einigen Fällen konnte eine Untätigkeitsklage helfen, jedoch sei dies keine Garantie für Erfolg, betont er.
Zwar kommt Balla aus einem EU-Land und hat einen italienischen Pass, aber geboren ist sie in Albanien. Ihre Vermutung ist, dass die Behörde hier einiges durcheinandergebracht hat und sie deshalb nicht wie eine EU-Bürgerin behandelt wird. „Ende Juli habe ich mich entschieden, nicht mehr in der öffentlichen Apotheke zu arbeiten, sondern in die Industrie zu wechseln. Ich möchte mit dem Land Hessen nichts mehr zu tun haben.“
In ihrem neuen Job spielt die fehlende Approbationsurkunde keine Rolle. Und auch wenn sie aktuell mit ihrem Beruf zufrieden ist und derzeit nicht zurück in die Apotheke möchte, könnte sich das zukünftig ändern, sagt sie. „Jetzt bin ich 27 Jahre alt und möchte nicht in die Apotheke. Aber vielleicht ändert sich meine Meinung in ein paar Jahren. Vielleicht möchte ich irgendwann in Teilzeit in der Apotheke arbeiten oder Notdienste übernehmen. Das darf ich jetzt ja auch nicht.“
Damit die Behörde überhaupt mit ihrer Arbeit beginnt, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, weiß Balla. „Ich brauche einen Chef hier in Deutschland, der mich als Apothekerin in seinen Betrieb übernimmt. Aber wie soll das funktionieren, wenn ich hier überhaupt nicht als Apothekerin arbeiten darf?“, fragt sie sich. „Ich habe alles für diese Approbation gemacht, so wie jeder andere auch. Ich habe immer gearbeitet, so, wie ich es durfte. Ich habe sehr viel Geld für jeden einzelnen Schritt hier in Deutschland bezahlt. Ich möchte endlich auch als Apothekerin behandelt werden.“