Insekten in Lebensmitteln APOTHEKE ADHOC, 28.01.2023 09:18 Uhr
In anderen Ländern nichts Ungewöhnliches: Der Verzehr von Insekten als proteinreiche Nahrungsquelle. In Deutschland sorgt die Meldung, dass künftig neben Mehlwürmern auch Grillen und Käfer in zahlreichen Lebensmitteln verarbeitet werden dürfen, jedoch für Aufsehen. Was steckt hinter der neuen EU-Verordnung?
Es ist für viele Menschen einfach unvorstellbar: Künftig kann es passieren, dass Backwaren, Soßen oder Schokoladenerzeugnisse Insekten enthalten. Grund dafür ist eine neue EU-Verordnung. Die EU-Kommission hat demnach Novel-Food-Anträge (neuartige Lebensmittel) genehmigt, die Proteinalternativen in Lebensmitteln verarbeiten wollen. Laut „Durchführungsverordnung (EU) 2023/5 der Kommission“ dürfen demnach ausgewählte Unternehmen bestimmte neue Produkte in den Verkehr bringen. Beschränkt ist diese Zustimmung zunächst auf fünf Jahre. In Kraft trat diese Regelung am 26. Januar.
Insekten wie der Getreideschimmelkäfer könnten also demnächst auf der Zutatenliste von gängigen Lebensmitteln landen. Ganz neu ist diese Vereinbarung nicht. Die Europäische Union setzt mit der Freigabe „neuartiger Lebensmittel“ den bereits 2021 eingeschlagenen Weg fort. Die Larve des gelben Mehlwurms sowie die Wanderheuschrecke wurden bereits zugelassen. Im vergangenen Jahr folgte dann die Hausgrille („Heimchen“).
So darf die Firma CricketOne teilweise entfettetes Pulver aus der Hausgrille Lebensmitteln beimischen, berichtet der Lebensmittelverband Deutschland.
Betroffen sind:
- Backwaren
- Bierähnliche Getränke
- Cracker und Brotstangen
- Getreideriegel
- Teigwaren (trocken)
- Soßen
- Kartoffelerzeugnisse
- Gerichten auf Basis von Hülsenfrüchten
- Fleischalternativen
- Suppen und Suppenkonzentrate oder -pulver
- Snacks auf Maismehlbasis
- Schokoladenerzeugnisse
- Nüsse und Ölsaaten
Nur die Firma Ynsect NL darf Lebensmitteln die Larven des Getreideschimmelkäfers in gefrorener, pastenartiger, getrockneter und pulverisierter Form beimengen.
Optisch kein Unterschied
Die Menge ist dabei begrenzt, ein Fleischersatz-Produkt beispielsweise darf zu 5 Prozent aus Insekten bestehen. Für den Endverbraucher werden sich die Nahrungsmittel optisch nicht von herkömmlichen Produkten unterscheiden. Es könnte zudem schwierig sein, Lebensmittel mit Insektenzusatz sofort ausfindig zu machen, da die Zugabe nicht auffällig gekennzeichnet werden muss. Ob ein Lebensmittel Hausgrille oder Getreideschimmelkäfer enthält, muss aber im Zutatenverzeichnis aufgelistet werden. Dort steht dann „Acheta domesticus (Hausgrille, Heimchen), gefroren“ oder „Pulver aus Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer)“.
Trotzdem sind sich Expert:innen sicher: Mehlwurmprotein sei ein wertvoller und teurer Rohstoff, den würde niemand zum Strecken verwenden. Das zusätzliche Eiweiß würde das Produkt aufwerten, und das würde jeder Hersteller deutlich kennzeichnen und sich bezahlen lassen.
Insekten sind gesund oder?
Grundsätzlich soll der Verzehr von Insekten keinesfalls ungesünder als der von herkömmlichem Fleisch sein. Insekten haben einen hohen Proteingehalt ähnlich wie Fleisch. Zudem enthalten sie wichtige Spurenelemente wie Kupfer, Eisen, Magnesium und Folsäure. Der geringe Anteil an gesättigten Fettsäuren kommt der Gesundheit ebenfalls zugute.
Zwar herrschen in Deutschland strenge Lebensmittelkontrollen, die Verbraucherzentrale sieht die bisherigen Umstände allerdings kritisch: „Es gibt für die Insektenzucht weder Hygienevorschriften noch Bestimmungen für die Fütterung oder die Medikamentengabe.“
Was heißt das für Allergiker?
Der EU zufolge müssen auf entsprechenden Lebensmitteln Hinweise für Allergiker aufgebracht werden. Denn das im Insektenpulver enthaltene Chitin kann schlimmstenfalls zu allergischen Reaktionen führen. Das Pulver der Hausgrillen stuft die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit jedoch hinsichtlich der vorgeschlagenen Mengen als bedenkenlos ein.