Inklusion

Piktogramme für die Apothekenberatung Maria Hendrischke, 12.09.2016 10:09 Uhr

Berlin - 

Verständigungsprobleme zwischen Apotheker und Kunde können schwerwiegende Folgen haben. Kompliziert wird es, wenn der Patient Sprachprobleme hat. Um die Arzneimittelsicherheit zu erhöhen, haben Apotheker gemeinsam mit der Universität Oldenburg ein Buch mit apothekenspezifischen Piktogrammen entwickelt.

Wenn ein Patient entweder die deutsche Sprache nicht versteht oder aufgrund einer Behinderung oder Erkrankung nicht sprechen kann, wird pharmazeutische Beratung schwierig. Apotheker aus Oldenburg haben sich daher mit dem Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg zusammengetan, um das neunseitige Piktogramm-Ringbuch „UKAPO – Unterstützte Kommunikation in der Apotheke“ zu entwickeln.

Die Piktogramme der „Unterstützten Kommunikation“ wurden für Menschen entwickelt, die sich nicht ausreichend sprachlich verständigen können. Das Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg hat mit den Oldenburger Apothekern die Piktogramme und ihre Abfolge speziell für den Einsatz in der Apotheke weiterentwickelt. Eine Apothekerin aus Wolfenbüttel hatte die Hochschule bereits vor einigen Jahren zu der Kooperation angeregt.

Daraus sei am Oldenburger Institut ein langfristiges Forschungsprojekt entstanden, heißt es von der Apothekerkammer Niedersachsen. In Zusammenarbeit mit Oldenburger Apothekern hat die Projektgruppe die Piktogramme angepasst und im Apothekenalltag erprobt. „Die Apotheker haben Rückmeldungen gegeben, wie gut sie mit den Bildern zurechtkamen“, erklärt eine Kammersprecherin. Daraus sei das Piktogramm-Buch entwickelt worden.

Die Kammer hat allen etwa 2000 niedersächsischen Apotheken ein Piktogramm-Ringbuch gratis zugeschickt. Weitere Exemplare können bei Bedarf zu einem Nettopreis von 22,90 Euro bestellt werden. Die Buchseiten sind laut Kammer mit einem Harz beschichtet und können daher desinfiziert werden.

Die Anwendung des Buchs bedürfe keiner Schulung, so die Sprecherin. Patienten und Apotheker zeigten auf die entsprechenden Piktogramme, um den Zustand des Patienten, Krankheitssymptome, Einnahmezeitpunkt der Medikation oder Informationen zu Neben- und Wechselwirkungen auszutauschen. Die Beratungsleitlinien der Bundesapothekerkammer wurden berücksichtigt. Die Universität Oldenburg plant nach Informationen der Kammer, Videotutorials zur Verwendung von Piktogrammen bei Youtube zu veröffentlichen.

Die Bilder ersetzen die sprachliche Kommunikation nicht vollständig – sie sollen sie unterstützen und bei der präzisen Verständigung helfen. Das Buch können Apotheker etwa bei der Beratung von Ausländern, Hörgeschädigten, Schlaganfallpatienten und Patienten mit einer beginnenden Demenz einsetzen. „Es ist ein Inklusionsprojekt“, so die Sprecherin der Kammer.

Die Rückmeldung von den Apothekern sei bislang durchweg positiv. Mit dem Buch könne bei der Beratung auf die „Übersetzung“ von Angehörigen verzichtet werden. Patienten, denen sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten fehlten, würden sich über die Bilder präzise verständigen können, so die Sprecherin. „PTA, die ehrenamtlich in Flüchtlingsunterkünften helfen, haben das Buch auch schon verwendet.“

An dem Buch mitgearbeitet hat unter anderem Dr. Gabriele Röscheisen-Pfeifer, Inhaberin der Dobben-Apotheke Oldenburg. Das Piktogramm-Buch solle die Arzneimittelsicherheit erhöhen, erklärt sie. Professor Dr. Andrea Erdélyi vom Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg sagt: „Die Inklusion von Betroffenen gelänge deutlich besser, wenn die Piktogramme auch beim Gespräch mit dem Arzt, im Krankenhaus oder im Pflegeheim eingesetzt werden.“

Von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) gab es schon im Februar ein Piktogramm-Heft. Apotheker des Kammerbezirks konnten wahlweise 25, 50 oder 100 Exemplare kostenlos anfordern. Initiiert wurde die Idee durch den Flüchtlingszustrom.