Influenza

Unternehmen trotzen Grippewelle dpa, 22.02.2015 10:02 Uhr

Stuttgart/München - 

Deutschlands große Unternehmen im Süden der Republik geben bei der Grippewelle Entwarnung. Zumindest vorerst, denn die Influenza greift weiter heftig um sich. Bedroht seien davon aber eher die kleinen Betriebe, berichtete der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK). Die Großen können solche Wellen in der Regel abfedern. Man rücke zusammen, helfe sich gegenseitig aus, wie immer in Grippezeiten, heißt es etwa im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart mit seinen – teils sehr ansteckungsgefährdeten – 2700 Mitarbeitern.

„Die Zahl der an Influenza erkrankten Mitarbeiter geht schon über das hinaus, was wir in einem normalen Februar haben“, sagt Oberarzt Dr. Martin Kimmel. Zwar versuchten sich gerade in einem Krankenhaus natürlich alle besonders zu schützen, jedoch erwische es immer mal wieder den einen oder anderen. Auch die mit Grippe-Impfung. Es wurde eng, zeitweise seien zuletzt einige der 1000 Betten auch bewusst nicht belegt worden – doch: „Mit erhöhtem Einsatz aller ließ sich der Betrieb normal aufrechterhalten.“

Das Krankenhaus diagnostiziere aktuell zehn echte Grippe-Fälle pro Tag. Für Stuttgart wie für viele Regionen im Süden meldet die Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) eine „stark erhöhte Influenzaaktivität“. Die Unternehmen spüren das, sie nehmen es abergelassen. „Wie immer“ oder „saisonüblich“ seien die Krankenzahlen zuletzt nach oben gegangen, oft wegen der Grippe. „Signifikant“ höher als in den Vorjahren sei der Ausschlag, heißt es etwa beim Chemiekonzern BASF mit 39.000 Beschäftigten in Ludwigshafen. Von Problemen sei ihr aus den Abteilungen „nichts zu Ohren gekommen“, so eine Sprecherin.

BMW, Daimler oder Siemens, die anderen Industrieriesen im Süden, melden Ähnliches: Der Krankenstand bewege sich in einem für den Winter üblichen Maß. „Das ist für die Jahreszeit nicht untypisch“,sagte ein Siemens-Sprecher. Eine Sprecherin von Daimler in Stuttgart nennt es „saison- und witterungsbedingt“. Seit Jahren biete man kostenlose Grippeimpfungen an, die auch gut angenommen würden. Das die Impfung in dieser Saison nicht so recht greife, und der Schutz nicht so groß sei wie üblich, habe sich herumgesprochen. Besondere Vorkehrungen gebe es dennoch nicht: Die Mitarbeiter würden jeweils im Herbst im Intranet auf die nahende Grippezeit und die Impfungen hingewiesen, heißt es bei Daimler. Auch bei der BASF gehen über ein internes Infosystem regelmäßig Hygienetipps herum.

Die wahren Leidtragenden der Grippewelle in der Wirtschaft seien ohnehin die Kleinen. Bei tausenden Mitarbeitern mache sich der krankheitsbedingte Ausfall nicht so bemerkbar wie bei einigen Betrieben mit zehn oder zwanzig Beschäftigten, hieß es beim BWIHK in Stuttgart. Bei einer kleinen Export-Firma seien fünf von sieben Mitarbeitern krank gewesen. „Aber sowas sind Einzelfälle.“

Zahlen vom aktuellen Krankenstand in den Südwest-Unternehmen gebe es nicht. Mancherorts wird von 10 und mehr Prozent gesprochen. Fast 20 Prozent waren es kürzlich bei den Fahrern der Straßenbahnen in und um Karlsruhe. Fahrten mussten gestrichen werden. Der Betriebsleiter der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) setzte sich kurzerhand selbst hinter das Steuer. Und das Uniklinikum Freiburg verschiebt planbare Eingriffe, da etwa jeder zehnte Mitarbeiter krank sei.

Was laut Techniker Krankenkasse absehbar war: Statistisch gesehen habe die Grippewelle in Baden-Württemberg in den vergangenen zehn Jahren besonders in den ungeraden Jahren zugeschlagen. In den geraden ebbte sie wieder ab. Auch der TK-Gesundheitsreport bestätige diesen Trend. Eine Erklärung gebe es für diese Entwicklung nicht.