Kanada bietet im Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika einen bisher nicht am Menschen getesteten Impfstoff an. Wie der stellvertretende Leiter der kanadischen Gesundheitsbehörde Dr. Gregory Taylor nach Angaben lokaler Medien sagte, könnten schätzungsweise 800 bis 1000 Dosen des noch nicht zugelassenen Mittels exportiert werden. Zehn Dosen seien bereits auf Anforderung der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen an ein Krankenhaus in Genf versandt worden.
Die WHO hatte nach Beratungen mit Medizin-Ethikern befunden, es sei ethisch vertretbar, auch auf experimentelle Medikamente zu setzen. Mehrere experimentelle Wirkstoffe gäben Anlass zur Hoffnung, sagte die stellvertretende WHO-Generalsekretärin Dr. Marie-Paule Kieny.
Als erstes afrikanisches Land will Liberia das Präparat ZMapp des US-Herstellers Mapp Biopharmaceutical einsetzen. Mehrere Dosen des Medikaments sollten noch in dieser Woche nach Liberia gebracht und für selbst erkrankte Ärzte verwendet werden, berichtete der US-Sender CNN. Das Büro von Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf bestätigte die Angaben.
ZMapp soll demnach zunächst zwei Ärzten verabreicht werden, die sich um einen mit Ebola infizierten Kollegen und andere Erkrankte gekümmert und sich dabei selbst angesteckt hatten. Die Mediziner Dr. Zukunis Ireland und Dr. Abraham Borbor hätten ihr schriftliches Einverständnis für die Einnahme gegeben, hieß es.
ZMapp war bei zwei mit Ebola infizierten US-Amerikanern sowie bei einem Spanier eingesetzt worden. Während die Amerikaner auf dem Weg der Besserung sein sollen, starb der Spanier am Dienstag an den Folgen des Virus.
Ärzte ohne Grenzen begrüßte den geplanten ZMapp-Einsatz. Dies allein werde die Epidemie aber nicht stoppen, betonte die Hilfsorganisation. Es sei weiter nötig, die Hilfe vor allem personell massiv aufzustocken. Das Vorhaben, rasch vielversprechende Therapieansätze auszuwählen, die Produktion der Mittel hochzufahren und den Einsatz im Epidemiegebiet vorzubereiten, werde voll unterstützt.
Der britische Virologe Professor Dr. Jonathan Ball dagegen warnte vor den Risiken einer Anwendung nicht vollends erforschter Medikamente im Kampf gegen Ebola. „Man kann sicher nicht definitiv sagen, dass etwas, das bei Tieren funktioniert und sicher ist, auch bei Menschen funktioniert und sicher ist“, sagte der Wissenschaftler von der Universität Nottingham.
Die Entscheidung der WHO könne auch dazu führen, dass Misstrauen unter afrikanischen Ländern geschürt werde, sagte Ball. Doch er zeigte auch Verständnis für die Entscheidung. „Wenn man sich die Tatsache vor Augen führt, dass es eine 60-prozentige Wahrscheinlichkeit gibt, dass man an einer Ebola-Infektion stirbt, dann kann man verstehen, wie man zu der Entscheidung gekommen ist.“
Sie erschwere aber auch den Fortschritt klinischer Studien. „Es macht mich besorgt, dass wir am Ende vielleicht nicht gescheiter sind als jetzt“, betonte Ball. Es sei wichtig, die Verwendung der Präparate in klinische Studien einzubetten, um gesicherte Ergebnisse zu Nutzen und Nebenwirkungen zu bekommen, betonte sein Kollege Professor Dr. Tom Solomon, Direktor des Instituts für Infektionen an der Universität Liverpool.
Ärzte nutzten eingeführte Medikamente häufiger auf experimenteller Basis für andere Krankheiten als eigentlich vorgesehen. „Der Unterschied ist, dass diese neuen Medikamente überhaupt noch nicht evaluiert sind.“
Die von Ebola betroffenen Länder Guinea, Liberia, Sierra Leone und Nigeria haben inzwischen mehr als 1800 bestätigte und Verdachtsfälle an die WHO gemeldet, mehr als 1000 Menschen starben. Vor allem in Liberia hatte es in den vergangenen Tagen viele neue Todesfälle gegeben.
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