Seltene Stoffwechselerkrankung

Importverbot für Sucraid: Eltern bangen um Kinder

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Berlin -

Ein Einfuhrstopp eines Medikaments aus den USA namens Sucraid hat Ernst und Britta Maikowski in Angst und Schrecken versetzt. Denn ihre drei Kinder leiden an einer bestimmten Form der Saccharoseintoleranz, für die es keine pharmazeutische Alternativen zu diesem Präparat gibt. Die Apotheke durfte das Mittel vorübergehend nicht mehr importieren.

Die Saccharoseintoleranz ist eine seltene, vererbbare Stoffwechselkrankheit, bei der der Haushaltszucker (Saccharose) nicht vertragen wird. Grund ist ein Sucrase-Isomaltasemangel, der dazu führt, dass Saccharose nicht oder nur gering im Dünndarm zu Traubenzucker aufgespalten werden kann. Die Saccharose gelangt daher vermehrt in den Dickdarm, wodurch es in Folge zu Bauchschmerzen, Bauchkrämpfen und Durchfall kommen kann. Auch Erbrechen ist möglich. Menschen mit diesem Enzymmangel können Kohlenhydrate gar nicht oder nur sehr schwer verdauen und müssen im Alltag sehr auf die Ernährung achten. Zu ihnen gehören die Kinder von Ernst und Britta Maikowski aus Hannover.

Die Eltern taten in einem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) ihr Leid kund: Denn bislang wurden die Kleinen erfolgreich mit Sucraid therapiert – das einzige Medikament, das bei diesem Enzymmangel eingesetzt werden kann. Das Mittel ist allerdings hierzulande nicht zugelassen und muss aus dem Ausland importiert werden. Nun drohte ein Importstopp; die Eltern waren ratlos und machten sich Gedanken um die Gesundheit ihrer Kinder. „Die mögliche Kost ist so reduziert, dass eine Mangelernährung unausweichlich wäre”, wird der Vater zitiert. Jedes Kind verbrauche etwa eine Packung des Medikaments pro Woche.

Das Arzneimittel Sucraid hat nach Kenntnis der Landesapothekerkammer Niedersachsen kein Zulassungsverfahren durchlaufen, ist also nicht allgemein verkehrsfähig, sondern wird bestimmten, namentlich bekannten Patienten zur Verfügung gestellt („named patient basis“). „Damit Patienten in Europa das Medikament erhalten können, gab es bislang die Möglichkeit, das Medikament über Schweden zu beziehen. In Schweden ist das Medikament allerdings ebenfalls nicht allgemein verkehrsfähig“, erklärt eine Sprecherin. Sie ergänzt: „Damit wiederum eine deutsche Apotheke über Schweden das Medikament importieren darf, muss die zuständige Aufsichtsbehörde, im Fall der Familie aus Niedersachsen ist dies die Apothekenaufsicht in Hannover, ihre Zustimmung erteilen.“ Die Apothekenaufsicht der Apothekerkammer Niedersachsen hätte vor Jahren auf Anfrage gegenüber der schwedischen Aufsichtsbehörde erklärt, dass sie in diesem besonderen Fall keine Einwände gegen diesen Import hätte.

Der Einzelimport nach § 73 des Arzneimittelgesetzes (AMG) stand kurze Zeit auf der Kippe, weil die US-Gesundheitsbehörde (FDA) mitgeteilt hatte, dass eine Charge von Sucraid nicht hätte freigegeben werden dürfen. „Man vermutete eine Verunreinigung während des Produktionsgangs. Einen offiziellen Rückruf der Charge hat es aber nicht gegeben“, so die Sprecherin. Das Gesundheitsministerium Niedersachsens hätte daraufhin entschieden, dass das Medikament in Deutschland ebenfalls nicht verkehrsfähig sei. Doch der Import nach Niedersachsen würde die arzneimittelrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Patienten unterlaufen.

Der schwedische Großhändler könnte zwar das Medikament weiterhin nach Niedersachen liefern, dafür benötige er allerdings eine schriftliche Bestätigung der zuständigen Aufsichtsbehörde. „Aufgrund der eindeutigen Positionierung der Fachaufsicht sieht sich die Apothekerkammer aber nicht in der Lage, der schwedischen Firma eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ auszustellen.“ Da es keine Alternativen für das Präparat gibt, „würde die Apothekenaufsicht weiterhin den Import von Sucraid bis auf Weiteres dulden, solange die Frage der Verkehrsfähigkeit nicht eindeutig geklärt ist“.

Der Apotheker in Niedersachsen habe auch keine Möglichkeit, das Mittel direkt vom Hersteller zu beziehen, da es auch im Herstellungsland für den Handel nicht allgemein verkehrsfähig sei. Eine weitere Option wäre die Zulassung als Orphan Drug, eine Antragstellung seitens des Herstellers sei bislang nicht erfolgt. Doch die Eltern können wieder aufatmen, denn aktuellen Informationen zufolge ist eine Lieferung aus Schweden nun doch unterwegs, die für Donnerstag vergangener Woche angekündigt wurde.

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