Das Portal des Deutschen Apothekerverbands (DAV) treibt weiterhin zahlreiche Apotheker:innen in den Wahnsinn: Auch am Dienstagmorgen wird vielerorts von großen Problemen bei der Ausstellung von Corona-Impfzertifikaten berichtet. Selbst wenn man zu den Apotheken gehört, die bereits wieder Zertifikate ausstellen können, hängt sich das Portal ständig auf, können Eingabefelder nicht ausgefüllt werden oder erscheinen ständig neue Fehlermeldungen. Ein Apotheker aus Oberhausen hat nun einen kleinen Kniff entdeckt, der zumindest etwas Abhilfe schaffen kann, wenn das Portal mal wieder nicht richtig funktioniert.
Und täglich grüßt das DAV-Portal: Auch am Dienstag werden wieder viele Apotheken von der Instabilität des Zertifikatsmoduls geplagt. In sozialen Netzwerken klagen sie ihr Leid und versuchen Muster zu erkennen, dank derer man mit dem Portal umgehen kann. Was sich abzeichnet: An den Randzeiten morgens und abends scheint es besser zu laufen als zu den Stoßzeiten – ein Indiz dafür, dass die Probleme an der Überlastung des Systems liegen könnte. Aus den Arztpraxen, von denen es bedeutend mehr gibt als Apotheken, ist das nicht bekannt. Doch auch die Zeiten-Logik führt nicht immer weiter. „Bei uns ging es auch 18 Uhr nicht besser“, klagt eine Apothekerin.
Eine andere berichtet, dass sie um 21 Uhr mit der Ausstellung der Zertifikate begonnen hat: „Besser so als die Nerverei tagsüber“, schreibt sie. Doch das ist nicht für jedermann eine gangbare Lösung. Statt die Ausstellung der Impfzertifikate auf Rand- oder spätere Abendstunden zu verlegen, versucht sich manch ausgefuchster Apotheker auch an Workarounds – so wie Johannes Rieforth. „Ich sitze morgens manchmal eine halbe Stunde lang vorm Rechner, weil ich den Kunden am Vortag gesagt habe, dass es morgen wieder läuft“, erzählt er. „Das es auch heute Morgen wieder nur ruckelig lief, habe ich angefangen, etwas zu experimentieren.“ Und tatsächlich: Mit einer etwas unkonventionellen Vorgehensweise habe er es heute Morgen geschafft, mehrere Zertifikate zu erstellen, obwohl er ansonsten nur Fehlermeldungen erhielt.
Das Ausgangsproblem kennen die meisten Apotheker: Vor allem das Auswahlfeld für die Impfdosis hängt. Es bleibt einfach grau, kann nicht angeklickt werden. Manche Apotheker berichten davon, dass es dann hilft, immer wieder unterschiedliche Impfstoffe anzuklicken und das Feld für die Dosis dann irgendwann erscheint. Bei ihm klappte auch das nicht. Was er aber beim Experimentieren herausfand: Füllt man die Eingabemaske absichtlich unvollständig aus und versucht, ein Zertifikat zu erstellen, kann man danach über die Fehlermeldung zum Ziel gelangen.
„Ich konnte in der Eingabemaske alles eingeben, nur das Feld für die Dosis blieb immer grau“, so der Inhaber der Avie Forst-Apotheke in Oberhausen. „Also habe ich das Geburtsdatum wieder entfernt und dann auf ‚Erstellen‘ geklickt.“ Daraufhin erscheint eine Fehlermeldung samt Korrekturmaske, in der darauf hingewiesen wird, dass die Angaben unvollständig sind. „Dort kann man dann plötzlich alles eingeben, auch das Feld für die Dosis hat dort funktioniert.“ Klappt auch das nicht, so könne es nach seiner Erfahrung auch helfen, zwischenzeitlich von normalem Impf- auf Genesenenzertifikat umzustellen und die Daten einzugeben. Durch die Umschaltung auf Genesenenzertifikat fällt das Feld für die Imfpdosis weg. Schaltet man dann zurück, werde es oftmals aktiviert.
Weiß man all das und geht direkt so vor, kann man Zeit und Nerven sparen – garantieren, dass es immer funktioniert, kann natürlich auch Rieforth nicht. Allerdings habe er so am Dienstag vier Zertifikate am Stück erstellen können. Immerhin lohnt der Versuch, denn die Alternative ist oftmals, sich abzumühen und Kunden dann doch vertrösten zu müssen. „Wenn das so holprig läuft, dann rechnet sich das nicht. Ich kann nicht jedes Mal eine Viertelstunde vorm Rechner sitzen für ein einzelnes Zertifikat.“
Wie genau die Fehler zustande kommen, kann auch der Inhaber nicht sagen. Sowohl die Zeiten der Ausfälle als auch die Tatsache, dass es aus Arztpraxen und Impfzentren keine Berichte von derartigen Schwierigkeiten gibt, deuten jedoch stark darauf hin, dass die Infrastruktur des DAV schlicht überlastet ist. Die Tatsache, dass das DAV-Modul auch vor seiner Migration in die Telematikinfrastruktur (TI) schon Überlastungssymptome zeigte, wirft die Frage auf, warum das offenbar nicht antizipiert wurde. „Selbst wenn alle Apotheken gleichzeitig mitmachen würden – wenn ein Server keine 19.000 Anfragen bearbeiten kann, dann muss es doch Programmierfehler geben“, sagt er und hat kein Verständnis für das technische Versagen des DAV. „Das ist doch nichts anderes als ein Adobe-Formular. Sowas wie dieses Portal kann man doch auf einem Commodore 64 programmieren!“ Und als würden die technischen Unzulänglichkeiten nicht ausreichen, lasse der DAV die Apotheken mit den Problemen auch noch allein. „Diese Informationspolitik ist unterirdisch“, so Rieforth. „Wir Apotheken vor Ort machen uns doch vor unseren Kunden lächerlich. Mir graut es schon vor dem E-Rezept.“
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