„Jetzt wird jede Spritze gebraucht“

Impfzentrum hofft auf Apotheken

, Uhr
Berlin -

11.000 Dosen an mRNA-Impfstoffen und vergebene Termine bis Mitte Dezember: Das Impfzentrum Mainz-Bingen in Ingelheim wurde wie andere Standorte in Deutschland aus dem Stand-by-Modus geholt und immunisiert seit Mittwoch wieder. Probleme, an Impfstoff zu kommen, kennt Leiter Mathias Hirsch nicht – Diskussionen um „das gute Stöffchen“ Comirnaty dagegen schon. Allein heute wurde er dreimal gerufen, um zu schlichten.

Stück für Stück werden die geschlossenen Impfzentren in Deutschland wieder geöffnet. „Jeder, der kann, sollte jetzt impfen“, sagt Hirsch. Der Notfallsanitäter und Betriebswirt leitet seit einem Jahr das Impfzentrum in Mainz-Bingen und wäre froh, wenn sich auch Apotheken und Zahnärzte an der Immunisierung beteiligen würden. „Wir laufen der Pandemie hinterher. Jetzt wird jede Spritze gebraucht. Ich habe während der ersten Kampagne gesehen, wie die Todeszahlen bei den über 80-Jährigen runtergingen, weil wir geimpft haben.“ Jetzt müssten vor allem die über 60-Jährigen zum Boostern motiviert werden.

Sicherheitsdienst kaum benötigt

Auch in seinem Impfzentrum sind zwei Apotheker tätig – allerdings nicht zum Impfen, sondern als „Supervisor“. Die Stellen konnten schnell besetzt werden, nachdem unter anderem über die Apothekerkammer nach Pharmazeuten im „(Un-)Ruhestand“ für eine Festanstellung gesucht worden war. Insgesamt 20 Bewerbungen gingen ein. Die Apotheker kümmern sich beispielsweise um Schulungen und den Warenein- und ausgang. Für das Aufziehen der Spritzen sind Medizinische Fachangestellte (MFA) verantwortlich. Insgesamt sind in Ingelheim 43 Personen angestellt, zehn davon im Sicherheitsdienst.

Der Securitydienst werde jedoch nur in Ausnahmefällen benötigt, sagt Hirsch. Während der ersten Impfkampagne waren es 20 Mitarbeiter:innen; jetzt seien es noch zehn. Anfangs habe man mehr Störer, Querdenker oder terroristische Akte befürchtet. „Das hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet.“ In Ingelheim gehe es eigentlich friedlich zu. Nur die Diskussionen um den Impfstoff würden ab und an eskalieren, sagt Hirsch. „Heute wurde die Leitung bereits dreimal von den Impfenden gerufen, weil sich die Patient:innen weigerten, Moderna gespritzt zu bekommen.“

 

Die Mehrheit der Menschen wollen auch im Impfzentrum „das gute Stöffchen“, so Hirsch. Dazu komme der regionale Bezug, da Biontech seinen Firmensitz in Mainz habe. Bei den Diskussionen fehlten medizinisch-rationale Begründungen. Einen Teil der Nachfrage nach Comirnaty kann man im Impfzentrum bedienen. Insgesamt 5000 Dosen des Biontech-Impfstoffes sagte das Land zu. Dazu kommen 6000 Dosen des Moderna-Impfstoffes. „Die Termine sind bis zum 13. Dezember vorgeplant.“

25 Prozent Erstimpfungen

Die Bestellungen laufen über die Landesregierung. Geliefert wird wie in der ersten Runde über den privaten Pharmagroßhändler Krieger. „Wir haben ausreichend Impfstoff“, sagt Hirsch. Besonders weil für die Boosterimpfung mit Spikevax nur die Hälfte der Dosis nötig sei, die für die Grundimmunisierung verwendet wird. „Das nimmt uns enorm den Druck.“ 75 Prozent der Termine entfielen auf Boosterimpfungen.

Über den Anteil an Erstimpfungen freut sich Hirsch. Nachgetreten – etwa warum die Patient:innen nicht früher gekommen seien, als Impfstoff weggeschmissen werden musste – werde nicht. „Wir schauen nach vorne und sind froh, über jeden, der kommt.“ Viele Dosen seien jedoch in seinem Impfzentrum nicht verfallen – insgesamt seien es bis September rund 20 Dosen des AstraZeneca-Impfstoffes gewesen. Während der ersten Kampagne wurden in Ingelheim 125.000 Dosen gespritzt, seit Mittwoch kamen bereits 4000 dazu.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Mehr zum Thema
Verzögerungen wegen „KOB light“?
ePA: Die Angst vor Abmahnungen
Tausende Filialen schließen
USA: Kahlschlag bei Apothekenketten
Benzolbildung verhindern
BPO besser im Kühlschrank lagern
Mehr aus Ressort
Saison startete 3 Wochen früher
Klimawandel verlängert Stechmücken-Zeit
Bei kaum längeren Fahrzeiten
Bessere Schlaganfallversorgung möglich

APOTHEKE ADHOC Debatte