US-Autor T.C. Boyle hat dem Berliner Radiosender Radioeins anlässlich seines gestrigen 70. Geburtstages ein Interview gegeben. Mit der durchdachten Freigabe von Drogen und deren Verkauf in der Apotheke will er langfristig das internationale Drogenproblem lösen.
Sein Ratschlag via Radio: „Ich würde alle Drogen freigeben und in der Apotheke an der Ecke verkaufen, nach gesetzlichen Regeln. Und mit Steuern, wie sie beispielsweise auf Alkohol erhoben werden. Das würde Ländern wie Mexiko und Afghanistan helfen und dem internationalen Drogenhandel die Geschäftsgrundlage nehmen. Damit wir uns nicht missverstehen: Ich will niemandem zureden, irgendeine Droge zu konsumieren. Aber die Möglichkeit dazu sollte es schon geben.“ Waffen hingegen, so erklärte er vor einigen Jahren öffentlich, würde er verbieten.
Nachfrage von Radioeins: „Mit dieser Agenda könnten Sie doch Präsident werden, oder?“ Darauf antwortete der US-Schriftsteller: „Vor 20 Jahren habe ich das ja angekündigt. Ich würde Präsident werden. Nicht durch eine Wahl, sondern einfach, indem ich die Macht ergriffen und den Menschen gegeben hätte, was sie wollen. Ich hatte ein vollständiges Programm und die Drogenfreigabe war ein Teil davon. Sagen wir also: Ich wollte Präsident werden, aber meine Bücher sind dazwischengekommen.“
Mit Drogen kennt der Mann sich aus. Der Autor von internationalen Bestsellern („Wassermusik“, „Drop City“, „Dr. Sex“, „World‘s End“, „Willkommen in Wellville“, „América“) lernte früh, was es heißt, süchtig zu sein. Sowohl sein Vater, ein Busfahrer, als auch seine Mutter, eine Sekretärin, waren alkoholabhängig. Er wuchs im US-Bundestaat New York auf, landete in den späten 60er-Jahren in der Hippie-Szene und begann, Drogen aller Art zu konsumieren. Die Zahl der Drogentoten in den USA ist im vergangenen Jahr auf einen Rekordstand gestiegen. Insgesamt 70.237 Menschen starben 2017 an einer Überdosis, wie die US-Gesundheitsbehörde CDC kürzlich meldete. Die „New York Times“ berichtete, dies seien mehr Tote als in einem einzelnen Jahr durch Autounfälle, Aids oder Schusswaffen in den Vereinigten Staaten.
In einem Zeitungsinterview erzählte T.C. Boyle vor einigen Jahren, dass er „mit so ziemlich allen Drogen“ experimentiert hätte. LSD sei ihm allerdings „nicht so gut bekommen.“ Die Wirkung von LSD habe er als „desaströs“ erlebt. Im Drogenrausch saß er stundenlang mit anderen um ein Feuer, hörte Musik und hatte eine gute Zeit. Als die anderen einschliefen, blieb er wach und erlebte Wahnvorstellungen: „Ich sah Schlangen aus meinem Bauch kriechen.“
Heute ist, so sagt T.C. Boyle nur eine Droge geblieben: das Schreiben. Er erklärt: „Wenn du eine Geschichte fertig stellst und alles zusammenpasst, hast du dieses immense Glücksgefühl. Es ist beinahe eine Ekstase, es gibt kaum ein vergleichbares Gefühl, es ist wie ein Heroinschuss. Und genau wie bei der Droge willst du es wieder tun. Sobald die Ekstase vorbei ist, willst du es wieder tun.“
Er hat es wieder getan: Am 4. Februar 2019 erscheint das neue Buch des Kult-Autors. Titel: „Das Licht“. Drogen will er nie wieder nehmen. „Ich bin auf mein Gedächtnis angewiesen.“ Er ist sicher: „Schreiben hat mein Leben gerettet.“ Es bewahrte ihn vor der Drogensucht.
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