Inhaberin schmeißt Postfiliale aus der Apotheke

„Ich kann ja nicht auf Dauer die Post finanzieren“

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Berlin -

Eigentlich wollte Apothekerin Dr. Kathrin Bihl ihrem Heimatort einen Gefallen tun. Der hatte nämlich keine Postfiliale mehr – also holte sie eine in ihre Apotheke. Doch nach gut zwei Jahren ist nun Schluss. Denn der Postschalter neben der Offizin rechnet sich selbst mit viel gutem Willen nicht. Auch wenn die Post eigentlich ein Interesse daran haben sollte, die Versorgung auch in ländlichen Regionen aufrecht zu erhalten, zeigte sie keine Ambitionen, die Filiale in der Apotheke zu halten.

Die Post gehört genauso zur öffentlichen Infrastruktur wie die Arzneimittelversorgung – und steht vor ähnlichen Problemen: Vor allem in ländlichen Regionen kommt es immer häufiger vor, dass Gemeinden keine eigene Poststelle mehr haben. Abhilfe kann und soll da ein Partnerprogramm bringen: Postschalter in anderen Geschäften, in denen Kunden nicht nur Briefe und Pakete aufgeben und abholen, sondern auch Postprodukte wie Briefmarken, Postkarten oder Versandboxen kaufen können. 1135 solcher Partnerfilialen gibt es, darunter laut Post deutschlandweit 30 in Apotheken. „In der Relation zu anderen Branchen ist das eher gering, typische Postpartnerschaften umfassen Branchen wie den Lebensmittelhandel, Kaufhäuser, Trafiken oder etwa Gemeinden“, so die Post auf Anfrage.

Die Kosten für Umbau, Unterhalt und Personal tragen dabei die Apotheken – die Post zahlt eine Grundvergütung und eine Provision je nach Umsatz, die sich von Produkt zu Produkt unterscheidet. Eigentlich ein guter Deal, könnte man denken: Man richtet einen kleinen Nebenraum ein und holt sich damit zusätzliche Kundschaft sowie einen kleinen Nebenerwerb ins Haus. Doch so einfach ist es nicht: Man sollte denken, die Post lässt es sich etwas kosten, die Versorgung in der Fläche sicherzustellen. Aber zumindest Apotheken sollten sich genau überlegen, ob sie sich ein gelbes Nebenzimmer holen.

Dr. Kathrin Bihl hatte das eigentlich. Vor gut zwei Jahren holte sie sich eine Postfiliale in ihre damals frisch übernommene Apotheke zur Erle im schleswig-holsteinischen Ellerau. Der Ort mit seinen 6000 Einwohnern hatte keine Post mehr und Bihl wollte mit ihrem Betrieb Abhilfe schaffen, insbesondere der älteren Mitbürger wegen. Also schloss sie einen Vertrag mit der Post und eröffnete im Juli 2018 die Filiale in einem Nebenraum ihrer Apotheke – auf eigene Kosten. „Ich habe die Apotheke komplett umgebaut, inklusive Wanddurchbruch und Tür. So eine Außentür ist nicht ohne für eine kleine Apotheke, insbesondere zwei Monate nach der Übernahme“, sagt sie. Selbst zahlen muss sie nicht nur die Räumlichkeiten, sondern auch das Personal. Zwei Teilzeitmitarbeiterinnen hat Bihl für den Postschalter angestellt. Und zumindest operativ lief die Poststelle die letzten beiden Jahre auch gut.

„Die Post wird super angenommen, hat viel Kundenverkehr und die beiden Mitarbeiterinnen machen ihre Arbeit hervorragend, aber trotzdem rentiert es sich nicht“, sagt Bihl. Genaue Zahlen darf sie nicht nennen, aber die Grundvergütung der Post sei „nicht der Rede wert“ und auch die Provision auf den Umsatz werfe nicht annähernd genug ab, selbst wenn sie den Umbau herausrechnen würde. Verhandlungsspielraum gebe es dabei auch nicht, die Summen seien vertraglich geregelt. Für Bihl ist das natürlich ein Ärgernis: „Ich hatte nicht mit großen Gewinnen gerechnet, aber wenigstens das Gehalt der Mitarbeiterinnen sollte wieder hereinkommen. So ist es nur ein Zuschussgeschäft.“

Ein noch größeres Ärgernis ist aber das Verhalten der Post: Die hat sich nämlich nach Bihls Aussage keinerlei Mühe gegeben, die Filiale zu halten. Schon vor Wochen hat sie sich an die Post gewendet, um darauf hinzuweisen, dass sich die Filiale für sie nicht rentiert, und Verbesserungsvorschläge zu machen – in der Hoffnung, bessere Konditionen verhandeln zu können. Doch die Post stellte sich tot. „Es kommt zwar manchmal jemand vom Außendienst vorbei, aber ich habe nicht das Gefühl, dass die helfen können“, sagt Bihl. „Man hat aber bis auf den Außendienst keinen Ansprechpartner. Wenn man anruft, wird immer nur an irgendeine Abteilung weitergeleitet, aber man kommt an niemanden ran, der etwas entscheiden kann. Und ich habe auch nicht die Zeit, mich in der Post hoch zu telefonieren oder da sogar selbst hinzufahren.“

Die einzige Rückmeldung, die sie erhielt: die Bestätigung ihrer Kündigung. Im Februar ist fristgemäß Schluss. „Ich kann ja nicht auf Dauer die Post finanzieren“, sagt Bihl. Glücklich ist sie mit der Situation dennoch nicht. „Mein Team und ich sind fassungslos, weil wir uns denken, dass das doch nicht sein kann. Vor allem für die beiden Mitarbeiterinnen tut es mir leid. Sie sind traurig und frustriert, weil sie sich ein Bein ausreißen, dann aber keine Wertschätzung bekommen. Jeder sieht, dass sie das super machen – nur die, die es bezahlen müssten, sehen es nicht. Es war schon hart, ihnen zu sagen, dass es leider nicht mehr geht.“ Der Raum soll später anderweitig benutzt werden, Verwendung habe sie dafür auf jeden Fall, sagt Bihl, allein schon, weil ihre Apotheke in den vergangenen beiden Jahren gut gewachsen sei. Die Postfrage wolle sie mit der lokalen Politik zu lösen versuchen, sie kommt schließlich selbst aus dem Ort und hat ein Interesse daran – für sie selbst sei das Kapitel aber abgeschlossen. „Da mache ich doch lieber meine Apotheke weiter. Das ist das, was ich am besten kann.“

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