Ein ehemaliger Klinikmanager hatte seine Verantwortung für den Umgang mit Sterilgut auf andere Schultern verteilt. Der Verlass auf die Untergebenen reicht aber nicht aus, um gesetzeskonformen Umgang mit der sensiblen Materie zu garantieren, urteilt ein Gericht.
Im Prozess um einen Hygieneskandal am Mannheimer Klinikum ist der ehemalige Klinik-Geschäftsführer zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Er habe als Betreiber von Medizinprodukten gegen das Medizinproduktegesetz in
besonders schwerem Fall verstoßen und zwischen 2007 und 2014 die Gesundheitsgefährdung von Tausenden Patienten in Kauf genommen, argumentierte das Landgericht Mannheim am Montag. Drei Monate der Strafe gelten als vollstreckt. Überdies soll der 72-Jährige 75.000 Euro an verschiedene Projekte des Uniklinikums zahlen.
Der Verwaltungswirt habe Aufgaben für die Beseitigung vom Regierungspräsidium Karlsruhe zu Recht monierter gravierender Mängel bei der Sterilisierung an Untergebene delegiert. Diese hätten kaum Ahnung gehabt, seien nicht eingewiesen, nicht kontrolliert und nicht mit den nötigen Mitteln ausgestattet worden. Um das Abarbeiten einer behördlichen Mängelliste von 2007 habe er sich nicht gekümmert. „Er hat als Geschäftsführer einer sehr großen Klinik seine Hausaufgaben vorsätzlich nicht gemacht“, resümierte der Vorsitzende Richter Ulrich Bunk. Die Uniklinik nimmt im Jahr rund 18.000 Eingriffe vor.
Der Verteidiger des Ex-Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft kündigte Rechtsmittel an. „Das Urteil ist so falsch wie ein Urteil nur sein kann.“ Das Gericht habe den Fokus auf Vorsatz zuungunsten der Fahrlässigkeit gelegt, kritisierte er. Er hatte beantragt, das Verfahren einzustellen, da seinem Mandanten nur Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei und die fahrlässige Tat verjährt
sei. Der Angeklagte hatte sich damit gerechtfertigt, dass er von den ihm unterstellten Führungskräften nicht über Missstände informiert worden sei. Die Staatsanwaltschaft zeigte sich hingegen zufrieden mit dem Urteil, hatte sie doch auf zwei Jahre auf Bewährung plädiert. Sie sieht als eines der Motive für die sträfliche Untätigkeit des Ex-Klinikmanagers den Kostendruck im Gesundheitswesen an.
Erstmals gelangten gruselige Details 2014 aus dem Universitätsklinikum Mannheim an die Öffentlichkeit. Jahrelang hatten Chirurgen dort offenbar mit verschmutzten Instrumenten operiert, an denen angeblich sogar Blut und Knochensplitter klebten. Diese
Berichte hatten die Uniklinik Ruf, Patienten und Millionen-Einnahmen gekostet. Überdies wurden hohe Investitionen in die Sterilisation fällig. Auch die Suche nach Personal gestaltete sich für das Haus der Maximalversorgung nach der Affäre schwierig.
Wundinfektionen nach Operationen hatten nicht zweifelsfrei mit Versäumnissen in der Sterilgutaufbereitung in Verbindung gebracht
werden können. Dennoch zähle die Möglichkeit von Gesundheitsschädigungen, betonte Bunk: „Die Gefahr muss nicht realisiert werden.“ Hinzu komme die fehlende Fachkunde eines Großteils der damaligen Mitarbeiter in der Abteilung für Sterilgutaufbereitung, auf die der Ex-Manager schon 2002 als Vize-Geschäftsführer aufmerksam gemacht worden sei.
Alles in allem seien einzelne Maßnahmen zu spät und zu wenig systematisch vorgenommen worden, so dass kein gesetzeskonformer Zustand erreicht worden sein. „Das war Flickschusterei“, so Bunk. Das Mannheimer Universitätsklinikum mit rund 5000 Mitarbeitern ist nach eigenen Angaben bundesweit das einzige in kommunaler Hand: Während die Fakultät der Universität Heidelberg und damit dem Land zugerechnet wird, gehört die Krankenversorgung zur Stadt.
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