Hygiene

Händedesinfektion lässt Kassen klingeln

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Karlsruhe -

An der Auswahl an Desinfektionsmitteln fehlt es in deutschen Drogeriefilialen nicht. Desinfektionssprays, Hygienetücher und antibakterielle Gels von mehreren Marken liegen zu Hauf in den Regalen. Viele von ihnen versprechen, „99,9 Prozent“ der Bakterien abzutöten. Vor allem bei kleineren Probiergrößen greifen die Kunden in einer Karlsruher Filiale gerne zu. Ein Handdesinfektionsgel in unauffälligem, transparentem Design scheint es ihnen besonders angetan zu haben, immer wieder kommen Verbraucher und kaufen die handlichen Begleiter.

Beim Drogeriemarkt dm aus Karlsruhe hat man das Kaufinteresse nach Handdesinfektionsmitteln registriert. „Unsere Kunden fragen Desinfektionsprodukte in sämtlichen Sparten vermehrt an, so dass sich dieser Bereich sehr gut entwickelt“, sagt dm-Geschäftsführer Christoph Werner. Bei dem Unternehmen sei vor allem ein hauseigenes Handdesinfektionsgel der Kassenschlager.

Die Drogeriekette Rossmann mit Sitz in Burgwedel (Kreis Region Hannover) hat ähnlich positive Erfahrungen gemacht. Zwar stagniere der Markt für Reinigungsmittel in den vergangenen Jahren, berichtet ein für das Sortiment verantwortlicher Einkäufer, der sich auf Erhebungen des Marktforschungsunternehmens Nielsen beruft. Im Bereich Desinfektion habe man aber ein überdurchschnittliches Wachstum erzielt - ohne, dass zusätzliche Werbung geschaltet wurde. Bei Rossmann soll ein Pumpspray am meisten verkauft werden. „Beobachten lässt sich, dass in der Hauptreisezeit die Nachfrage generell höher ist“, sagt ein Unternehmenssprecher. Zahlen nennt keine der beiden Firmen.

Einer Studie des Marktforschungsunternehmens Nielsen zufolge ist der Umsatz von Handdesinfektionsprodukten in Deutschland zuletzt deutlich gestiegen: Setzten die Geschäfte von Mitte 2014 bis Mitte 2015 noch 18,2 Millionen Euro damit um, sind es nun in einem Jahr bis Mitte 2017 etwa 31,2 Millionen Euro gewesen. Das entspricht einem Plus von 71,2 Prozent. Besonders stark legten Discounter zu: Sie verdreifachten ihren Umsatz auf 6,3 Millionen Euro. Die absolute Zahl an verkauften Packungen stieg um 68 Prozent auf 21,1 Millionen Stück.

Doch wie sinnvoll sind diese Hygieneprodukte für den normalen Verbraucher? „Für den Heimbedarf eines gesunden Menschen sind Desinfektionsmittel weitestgehend überflüssig“, sagt der ärztliche Direktor des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene in Freiburg, Ernst Tabori. Man werde nicht gesünder, wenn man Desinfektionsmittel benutzt. Dem Arzt zufolge können sich Verbraucher das Geld sparen: „Das ist für die Hersteller ein gutes Geschäft.“

Tatsächlich sind Desinfektionsprodukte auf den Liter gerechnet hochpreisig. In einem Drogeriegeschäft kosten Spray und Gel in handlicher Probiergröße (je 50 Milliliter) 1,99 Euro, an Hotspots wie Bahnhöfen sogar mehr. Die Preise für Tücher beginnen ab 0,89 Euro für 15 Stück. Im Vergleich: Die hauseigene Flüssigseife (500 Milliliter) schlägt mit 55 Cent zu Buche.

Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht keine Notwendigkeit für die teuren Produkte. Nur in Ausnahmefällen seien sie „im Privathaushalt sinnvoll und notwendig, um eine Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden“, heißt es auf der eigenen Webseite. „Nicht das Mittel ist entscheidend, sondern die konsequente und korrekte Durchführung“, sagt Tabori. Im Klartext bedeute das, Seife und Wasser reichten für den Alltagsgebrauch aus.

Tabori geht sogar einen Schritt weiter und sieht Desinfektionsmittel in bestimmten Fällen als Gefahr für die Gesundheit. „Vor allem für empfindliche Leute und Menschen mit einer Neigung zu Allergien ist die unbegründete Anwendung von Desinfektionsmitteln nicht ratsam.“ Laut BfR können die Inhaltsstoffe Allergien oder Ekzeme auslösen.

Ein weiteres Problem: Mikroorganismen können Toleranzen gegen Wirkstoffe bilden, wenn sie diesen in nicht tödlichen Konzentrationen ausgesetzt werden. „Der Resistenzmechanismus bietet ihnen dann einen Überlebensvorteil gegenüber nicht-toleranten Mikroorganismen“, so eine Sprecherin des BfR. Auch die Widerstandsfähigkeit gegen Antibiotika könnte auf diesem Wege gefördert werden. Ob es jedoch tatsächlich zu einem der Szenarien kommt, müsse im Einzelfall beurteilt werden.

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