Ware ursprünglich für US-Markt

Holetschek lobt Puren: 53.000 Antibiotika-Säfte per Luftfracht

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Berlin -

Der Generikahersteller Puren will 52.127 Packungen an Antibiotika-Säften für Kinder in Deutschland zur Verfügung stellen, die ursprünglich für den US-Markt vorgesehen waren. So wolle man den dramatischen Versorgungsmangel im pädiatrischen Bereich abfedern. Gelungen sei dies auch durch die enge Zusammenarbeit mit dem bayerischen Gesundheitsministerium, so der Hersteller. Um die aktuelle Lage zu erörtern, besuchte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) das Unternehmen sowie die Saniplus-Apotheke.

Die so zur Verfügung gestellten Arzneimittel müssen nicht als Einzelimporte behandelt werden, sondern können wie jedes andere in Deutschland zugelassene Arzneimittel über den Großhandel bestellt werden. Auch die Abrechnung mit den Krankenkassen könne regulär erfolgen, so Puren. Die US-Packungen tragen den Namen des indischen Mutterkonzerns Aurobindo und werden mit einer deutschen Übersetzung des Beipackzettels ausgeliefert. Zudem können Verbraucher:innen über die Homepage des Herstellers jederzeit die komplette Fachinformation herunterladen.

Ab sofort sind somit Amoxicillin Aurobindo 250 mg TS (USA), AmoxiClav Aurobindo 250/62,5 mg TS (USA) und AmoxiClav Aurobindo 400/57 mg TS (USA) für Apotheken in der ganzen Bundesrepublik über den Großhandel erhältlich. Puren will mit diesen Antibiotikasäften – die eigentlich in den USA zugelassen sind und für den dortigen Markt bestimmt waren – den Apotheken vor Ort „wieder eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung“ ermöglichen.

Besuch in einer Apotheke

Um sich einen Eindruck der aktuell noch dramatischen Situation zu machen, besuchte Holetschek auch die Saniplus-Apotheke in München-Riem und sprach dort mit Inhaberin Birgit Lauterbach. Er betonte: „Dass vor allem auch kranke Kinder trotz der Engpässe aktuell noch gut medizinisch versorgt werden können, ist dem engagierten Einsatz aller Beteiligten zu verdanken“.

Es sei katastrophal, dass aktuell 15 Prozent der Arzneimittel nicht verfügbar seien, so Lauterbach. „Ist der verordnete Antibiotikasaft nicht lieferbar, muss ich in den direkten Austausch mit dem behandelnden Arzt gehen. Wenn das beispielsweise an einem Samstag nicht möglich ist, kann ich im schlimmsten Fall das Kind nicht ordnungsgemäß versorgen“, so die Inhaberin. Es sei demnach ein „Lichtblick am Ende des Lieferengpass-Tunnels“, dass Arzneimittel zur Verfügung stelle, die eigentlich für die USA bestimmt waren. „Wir haben gestern die ersten Packungen Antibiotikasäfte beim Großhandel bestellt und freuen uns, diese jetzt an Eltern und ihre Kinder abgeben zu können“, so Lauterbach.

Zum Hintergrund

Puren wurde laut eigenen Angaben Anfang dieses Jahres von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) und später auch vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wegen der Notlage bei Antibiotikasäften für Kinder kontaktiert. „Daraufhin setzten wir alle Hebel in Bewegung, um schnellstmöglich Antibiotikasäfte für Kinder in Deutschland zur Verfügung stellen zu können“, so der Hersteller.

Die rechtliche Unterstützung gab es durch die bayerische Allgemeinverfügung, die auf Basis des Ende April durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) festgestellten Versorgungsmangels erlassen wurde. Einige regulatorische Hürden erschwerten dabei jedoch die schnelle Umsetzung: „Der Teufel liegt hier im Detail“, so Dr. Rainer Hartung, Managing Director Regulatory Affairs. „Die Zulassungsvoraussetzungen haben sich in Deutschland mittlerweile verselbstständigt. Je genauer reguliert die Anforderungen sind, desto schwieriger ist es, in solchen Notsituationen schnell zu handeln.“

Überzeugungsarbeit bei Mutterkonzern

Holetschek habe ihn aufgrund einer E-Mail direkt auf dem Handy angerufen, und man habe gemeinsam eine Lösung gefunden, um das Produkt zeitnah einzuführen, so Hartung weiter. Er und Deutschlandchef Tomaž Pirman erklärten „das Ganze nun zur Chefsache“ und stellten ein Team aus allen Fachabteilungen zusammen. Vor allem die Abstimmung mit dem Mutterkonzern Aurobindo war nicht ganz einfach: „Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten, um die Ware von unserem Mutterkonzern Aurobindo zu bekommen“, so Pirman. Denn „der US-Markt ist attraktiver für den Konzern, und dort wird die Ware auch dringend benötigt“.

„Aber dank der sehr guten und engen Zusammenarbeit mit Indien, dem bayerischen Gesundheitsministerium und unserem hochengagierten Team vor Ort in München ist es uns möglich gewesen, 52.127 Packungen Antibiotikasäfte per Flugfracht nach Deutschland zu bringen“, so Pirman.

An einem Strang ziehen

„Gerade in Hinblick auf den Winter ist es wichtig, die Versorgung zu gewährleisten, und wir möchten hier alle Strukturen ausbauen, damit alle gut versorgt sind“, so Holetschek zum hohen Stellenwert der engen Zusammenarbeit. Weitere unbürokratische Lösungen sollen geschaffen werden, die den Apotheken vor Ort als auch den Pharmaunternehmen mehr Möglichkeiten geben, um in solchen dringlichen Situationen schnell und patientenorientiert handeln zu können. Fazit: „Wir müssen weiterhin gemeinsam an einem Strang ziehen und brauchen jetzt möglichst schnell eine gemeinsame Strategie für Deutschland, um nachhaltige Maßnahmen für eine stabilere Arzneimittelversorgung auf den Weg zu bringen“, so Holetschek.

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