Hochwasser: Kein Internet, kein E-Rezept Katharina Brand, 05.01.2024 14:47 Uhr
Zwei Tage nach verpflichtender Einführung des E-Rezepts steht Inhaber Heiko Gottsch mit seiner Brunnen-Apotheke vor dem Nichts. Da ein Verteilerkasten des Anbieters unter Wasser steht, ist seine Brunnen-Apotheke in Witten (NRW) vom Internet abgetrennt. Verfügbarkeitsabfragen, Securpharm-Scans oder die Belieferung des E-Rezepts sind schlichtweg nicht möglich.
Das Team der Brunnen-Apotheke hatte sich vorgenommen, die verpflichtende Einführung des E-Rezepts positiv anzugehen. Wo am Donnerstag noch vereinzelte Belieferungen möglich waren, geht seit dem heutigen Freitag gar nichts mehr: „Das ist eine Sache, die mir nach zwei Tagen mit Scharfschaltung des E-Rezepts bewusst gemacht hat, wie anfällig dieses System ist“, weiß Gottsch.
„Wir sind hier zwei Kilometer von der Ruhr weg, ich stehe hier im Trockenen. Der Keller ist trocken. Nur der Verteilerkasten für mein Internet steht an einer hochwassergefährdeten Stelle. An so eine Schwachstelle im System denkt ja keiner.“ Anderen vom Hochwasser Betroffenen gehe es sicherlich schlechter als ihm. Dennoch zeige sein Beispiel auf, wie wenig es brauche, damit eine Apotheke quasi komplett lahmgelegt wird.
Internetausfall noch mindestens eine Woche
Der Internetanbieter hat Gottsch über den aktuellen Stand der Dinge informiert: „In über einem Dutzend Landkreise in ganz Deutschland ist das Internet entweder stark eingeschränkt oder komplett ausgefallen.“ Für den Fall der Brunnen-Apotheke sieht die Lage düster aus: „Da der Verteiler im Wasser steht, kann der Anbieter da gerade nichts machen. Es muss gewartet werden, bis das Wasser abgelaufen ist; erst dann kann repariert werden.“
Weder die Apotheke noch der Bezirk könnten auf andere Leitungen umgelegt werden. „Die Schwierigkeiten sollen zum jetzigen Kenntnisstand mindestens bis zum 12. Januar anhalten.“ Bis dahin steht Gottsch definitiv auch ohne Festnetz und Fax da. Es gibt kaum Möglichkeitkeiten, Bestellungen beim Großhandel aufzugeben. Verfügbarkeitsabfragen sind nicht durchführbar, auch die Nutzung von Securpharm ist ausgeschlossen. Selbstverständlich ist auch die Belieferung von E-Rezepten nicht möglich.
„Wenn wir noch ein altes Papierrezept bekommen – und wir das Präparat an Lager haben – können wir das natürlich beliefern“, erklärt Gottsch. Die telefonische Nachbestellung sei noch irgendwie hinzukriegen, das Verbuchen sei dann schon wieder schwierig. „Unser Großhandel hat sein System vor kurzem auf elektronische Lieferscheine umgestellt. Die können wir zurzeit natürlich nicht abrufen.“ Eine Gegenkontrolle der erhaltenen Ware sei schlichtweg nicht möglich.
„Die Nerven liegen blank“
Für das Team sei die Situation kaum auszuhalten, „Die Nerven liegen blank. Wir müssen unsere Kunden mit E-Rezepten wegschicken.“ Dabei gehe es laut Gottsch nicht nur um den verlorenen Umsatz; für die Kunden entstehe immerhin auch ein Mehraufwand. „Wir haben sehr viele Stammkunden. Denen würden wir so gerne helfen. Das können wir aber nicht. Das ist alles sehr unglücklich.“
Das Einzige, was funktioniere, sei die Erreichbarkeit per Telefon. Dafür nutzt die Apotheke Gottschs Privathandy. Auf dieses werden die Anrufe der Festnetznummer nun umgeleitet. „Abgesehen von Securpharm und E-Rezept – was beides natürlich nicht funktioniert – ist schon die Bestellung beim Großhandel schwierig.“ Dies funktioniere auch nur über eine telefonische Bestellung via Handy. „Das geht vielleicht für wenige Artikel, die wir für Kunden brauchen. Aber um unser Warenlager aufzufüllen, müsste unsere PKA gut und gerne eine halbe Stunde mit dem Großhandel telefonieren.“
Notfallplan steht
Durch einen Aushang macht das Team der Brunnen-Apotheke jetzt damit aufmerksam, dass sie aktuell keine E-Rezepte beliefern kann. „Das ist das, was für die Kunden erstmal interessant ist. Der ein oder andere hat es vielleicht nicht so eilig und kommt nochmal wieder“, hofft Gottsch. Die Akutversorgung könne die Brunnen-Apotheke in jedem Fall nicht leisten. Glücklicherweise steht der nächste Notdienst erst Mitte des Monats an.
Eine mögliche Übergangslösung kann Gottsch in den kommenden Tagen testen: „Der Internetanbieter schickt uns einen Ersatzrouter zu, den wir mit dem Handy verbinden können.“ So könne eine Internetverbindung übergangsweise hergestellt werden. Wie zuverlässig das System ist – und ob die Apotheke dadurch zum Beispiel wieder E-Rezepte annehmen kann – bleibt abzuwarten. „Das ist unsere Notfallplan jetzt. Alles, was irgendwie Internet generiert, ist besser als nichts.“