Aufräumen nach der Jahrhundertflut Julia Pradel, 29.09.2013 10:09 Uhr
Drei Monate nach dem Jahrhunderthochwasser in Deutschland sind die Betroffenen weitgehend aus den Medien verschwunden. Fertig sind sie mit dem Hochwasser allerdings noch lange nicht: Viele sind nach wie vor mit Aufräumen und Wiederaufbauen beschäftigten, auch in Apotheken. Ein Ende ist oft noch nicht in Sicht: Die Phönix-Apotheke in Delitzsch zum Beispiel muss wegen der Renovierungsarbeiten im Dezember einen Monat schließen – und überlegt derzeit, wie sie die Patienten in dieser Zeit trotzdem versorgen kann.
Das Ärztehaus, in dem die Phönix-Apotheke liegt, wurde im Frühsommer innerhalb von 16 Tagen zweimal durch Wasserfluten in Mitleidenschaft gezogen. Das Wasser drang im Juni durch die Haupteingangstür und den Nebeneingang in die Apotheke ein. „Das war der reinste Horror“, erzählt Apothekerin Ulrike von Wilmowski.
Gemeinsam versuchten Mitarbeiter und Familienangehörige, so viele Medikamente zu retten wie möglich. Trotzdem ist der Schaden groß: Die Apothekerin beziffert ihn auf 20.000 Euro. Das Wasser stand sieben Zentimeter hoch. Das klingt nicht viel, aber der Kommissionierer, vier Computer, zahlreiche Arzneien, Möbel, Bodenbelag und Elektrik sind beschädigt.
Die Räume und das Mauerwerk sind nach wie vor feucht. Die Wände und Böden der Apotheke sollen im Dezember ausgetauscht werden. Wenn die Apotheke schließen muss, sollen die Kunden in einem Container versorgt oder mit Shuttlebussen in die 400 Meter entfernte Hauptapotheke gebracht werden.
Die Mohren-Apotheke im bayerischen Coburg-Creidlitz hatte es im Juni erwischt: „Am 8. Juni gab es bei uns in Creidlitz einen unfassbaren Starkregen, so dass das Wasser in Strömen den Hang herunter kam“, erzählt Michael Ernst. Innerhalb kürzester Zeit waren Labor, Lager und die hinteren Räume überflutet. „Das war ein ganz schöner Schock, als das Wasser von vorn in die Offizin und dann weiter in die tiefer liegenden Räume strömte“, erinnert sich Ernst.
Trotzdem konnte die Apotheke offen bleiben: Seine Kinder hatten über Facebook ihre Freunde alarmiert. Zehn freiwillige Helfer brachten das Warenlager, die Laborgeräte und den Apothekenkühlschrank ein Stockwerk nach oben und in Sicherheit. Die Waren wurden in die höher liegende Offizin geschafft oder hochgestellt.
Das Hochwasser hinterließ im Keller der Mohren-Apotheke einen Totalschaden und Wasserschäden in den oberen Apothekenräumen. Den Schaden beziffert Ernst auf 36.000 Euro. Die Aufräumarbeiten sind immer noch nicht abgeschlossen – Ernst fehlt neben im Apothekenalltag die Zeit, sich um die Bauarbeiten zu kümmern.
In Passau musste die Wittelsbacher Apotheke ebenfalls einen Stock nach oben ziehen: Als die Inhaber Christian Lindinger und sein Vater Eduard-Günther Lindinger erkannten, dass es wieder ein Jahrhunderthochwasser wird, mieteten sie kurzerhand eine leer stehende Arztpraxis im Haus an.
Trotzdem sah es anfangs so aus, als müsste die Apotheke für längere Zeit geschlossen werden: Das Wasser stand zeitweise einen Meter hoch. Drei Tage lang gab es weder Strom noch Telefon. Dann konnte die Apotheke bereits wieder öffnen.
Gebaut wird in der Apotheke aber immer noch: Handwerker waren in Passau zunächst nur schwer zu bekommen. Inzwischen sei das Labor fast wieder soweit, dass man es benutzen könne, erzählt Lindinger. Den ersten Stock haben die Apotheker inzwischen komplett mit angemietet: Was früher „hinten“ erledigt wurde, geschieht nun „oben“.