Am zweiten Tag des Pfusch-Prozesses ging die Verteidigung in die Offensive und attackierte Ermittler und Medien. Doch eine Argumentationslinie geriet direkt ins Wanken: Dass Peter S. beim Hexal-Vertreter Medikamente aus dem Kofferraum gekauft hat, wies der Hersteller jedenfalls prompt zurück.
Die Anwälte von S. zweifeln nicht nur die Analyse der sichergestellten Proben an, in denen laut Anklage wenig oder keine Wirkstoffe nachgewiesen wurden. Auch der Abgleich von Einkaufs- und Abrechnungslisten sei nicht stichhaltig. So seien Altbestände nicht erfasst gewesen; außerdem seien Restmengen nur auf dem Papier an die Hersteller zurückgeliefert worden.
Und schließlich habe S. mindestens einem Pharmavertreter Zytostatika in einem Parkhaus „aus dem Kofferraum“ abgekauft – alleine 2014 soll er unter anderem für diese Geschäfte mehr als 200.000 Euro aus der Kasse der Apotheke genommen haben.
Im Prozess wurde Kriminalhauptkommissar Ulrich Herold zu möglichen Schwarzverkäufen befragt. Der Vorsitzende Richter Johannes Hidding bezog sich auf ein Schreiben der Verteidiger, demzufolge Wilfried H., ein Vertreter von Hexal, Ware aus dem Kofferraum an S. schwarz und stark unter Marktwert verkauft haben soll.
Hexal dementiert: Zytostatika würden am Standort im österreichischen Unterach am Attersee hergestellt und im Werk in Barleben bei Magdeburg zur Auslieferung bereitgestellt. Von dort aus würden sie über Trans-o-flex an den Großhandel oder direkt an die Apotheken beliefert, so ein Sprecher. Der Außendienst bekomme die Packungen nicht zu Gesicht. Das sei oft schon ausgeschlossen, da es sich in der Regel um Kühlware handele.
Der Mitarbeiter habe auf Nachfrage noch einmal klargestellt, dass es die geschilderten Verkäufe nicht gegeben habe. Es gebe auch keinen Hinweis, dass Ware außerhalb der legalen Vertriebswege aufgetaucht sei.
Der Vorwurf, dass Medikamente systematisch unterdosiert seien, könne nicht stimmen, argumentiert die Verteidigung. Studien zeigten, dass von dem Bottroper Apotheker belieferte Ärzte bei ihren Patienten „eine deutlich höhere mittlere Überlebensrate“ erzielt hätten.
„Wir haben Verständnis für die Sorgen und Ängste der Patienten“, sagte Verteidiger Peter Strüwe (Dr. Daube, Strüwe & Kollegen, Essen) in dem Prozess vor dem Essener Landgericht. Man müsse sich jedoch von der reflexartigen Bewertung freimachen, dass alles, was bis jetzt bekannt sei, schon stimmen werde. S. wird außerdem vertreten von den Rechtsanwälten Eerke Pannenborg und Ulf Reuker (Park, Dortmund) und Christian Roßmüller (Roßmüller & Scaglione, Essen).
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