Übergewicht führt schon bei jüngeren Kindern zu einem mehr als zweifach erhöhten Risiko für Bluthochdruck. Zu diesem Ergebnis kommt eine spanische Studie, für die 1796 Kinder im Alter von vier Jahren und erneut mit sechs Jahren untersucht worden waren.
Der Fachartikel einer Gruppe um Iñaki Galán von der Universidad Autonoma de Madrid (Madrid/Spanien) ist in der Fachzeitschrift „European Journal of Preventive Cardiology“ erschienen. Den Göttinger Kinderkardiologen Dr. Martin Hulpke-Wette, der nicht an der Studie beteiligt war, wundert das Ergebnis aufgrund seiner Praxiserfahrungen nicht.
„Manche Kinderärzte glauben, dass die Folgen von Übergewicht und Fettleibigkeit erst im Jugendalter auftreten, aber unsere Studie zeigt, dass sie sich irren“, wird Galán in einer Mitteilung der European Society of Cardiology zitiert, die die Fachzeitschrift herausgibt. Diese Haltung behindere die Vorbeugung und die Kontrolle dieses Gesundheitsproblems.
Galán und sein Team hatten sich an einer Studie zur Fettleibigkeit im Kindesalter beteiligt, bei der Kinder aus der Region Madrid wiederholt untersucht wurden. Dabei wurden bei den vierjährigen Kindern Größe und Geschlecht erfasst sowie die Lebensumstände der Mutter und einige andere Faktoren registriert. 32 Kinderärzte bestimmten das Gewicht, den Bauchumfang und den Blutdruck. Dieselbe Untersuchung erfolgte zwei Jahre später.
Die Datenanalyse zeigte unter anderem, dass das Risiko eines Kindes, das mit vier und sechs Jahren übergewichtig oder fettleibig war, zwei- bis zweieinhalbmal so groß war, an Bluthochdruck zu leiden wie das eines normalgewichtigen Kindes. Anders sah es bei Kindern aus, deren Werte im Alter von vier Jahren über dem Normalgewicht lagen, die aber mit sechs Jahren kein Übergewicht mehr hatten: Ihre Blutdruckwerte waren mit denjenigen Kindern vergleichbar, die in beiden Altersstufen Normalgewicht hatten.
In einem Kommentar zu der Studie betont Eero Haapala von der Universität Jyväskylä in Finnland, dass Bluthochdruck einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist. Er führe bei Erwachsenen jährlich zu über neun Millionen vorzeitigen Todesfällen. Haapala empfiehlt drei Verhaltensweisen, die das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern: sich genügend zu bewegen, sich gesund zu ernähren und nicht zu rauchen. Nach dem Ergebnis der aktuellen Studie würden die ersten beiden Empfehlungen auch schon für kleine Kinder gelten.
Hulpke-Wette, der in Göttingen eine Präventionspraxis für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen betreibt, hält die Studie für sehr wichtig: Sie belege, was er aus seinem Alltag in der Arztpraxis bereits kenne: dass Übergewicht und Bluthochdruck bereits bei Kinder wichtige Faktoren sind, die die Gesundheit beeinträchtigen. „Die Studie ist aufwendig und gut gemacht“, sagt Hulpke-Wette. Lediglich die Blutdruckmessmethode könne zu „Praxisbluthochdruck“ führen, also einem erhöhten Blutdruck, weil der junge Patient aufgeregt ist.
Der Göttinger Kinderarzt sieht im Hinblick auf Übergewicht und Bluthochdruck einen dringenden Handlungsbedarf in der Politik: Viele Lebensmittel, vor allem die speziell für Kinder angebotenen, enthielten zu viel Zucker. Das sei den meisten nicht bekannt. „Ich muss bei jedem Patienten eine Ernährungsberatung machen“, hebt Hulpke-Wette hervor. Die Diabetes Typ II werde fast nur durch Fehlernährung ausgelöst und verursache erhebliche Gesundheitskosten.
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