Was machen Apotheker am Wochenende, wenn Sie nicht arbeiten müssen? Entspannen. Fast alle. Matthias Bußmann aus der Park-Apotheke in Ahlen zieht sich bequem an und erklimmt seinen Lieblingssitz. Mit dem Bus-Führerschein hat er sich einen Kindheitstraum erfüllt. Ein weiterer großer Traum ist noch unerfüllt.
„Busfahren stand auf meiner Löffelliste“, sagt er lächelnd. Das ist die Liste, die man abarbeiten muss, bevor man den Löffel abgibt. Alle erklärten ihn für verrückt: „Warum soll sich ein Apotheker in den Bus setzen?“, fragte ihn ein befreundeter Busfahrer. Die Antwort: „Weil es Spaß macht! Ich bin schon als Kind gern Bus gefahren.“
Er sieht Parallelen zwischen den beiden Berufen: „Man muss immer freundlich sein, das ist unser Tagesgeschäft. Apotheker und Busfahrer spielen auf der Bühne den Kasper. Sie bespaßen die Menschen.“ Und er mag die soziale und soziologische Komponente: „Einsame Menschen nutzen den Einkauf in der Apotheke, um zu erzählen.“ Denen hört er gerne zu.
Im Bus sei es ähnlich. „Das Schöne daran ist, dass man eine Menge Verantwortung trägt. Als Apotheker bringe ich maximal einen Menschen um, wenn ich etwas Falsches abgebe – im Bus hingegen habe ich die Verantwortung für 90 Menschen“, sagt er scherzhaft. „Und ich mag am Busfahren, dass man sich konzentrieren muss. Ich kann dabei den Alltag vergessen.“
Auch die Technik ist faszinierend: „Man sitzt zwei Meter entfernt von der lenkbaren Achse, als Anfänger muss man sich zum Beispiel genau überlegen, wie man durch einen Kreisverkehr kommt. Auch ein leerer Bus muss vorsichtig bewegt werden.“
Der Stundenlohn sei ausbaufähig. „Er liegt niedriger als der einer PKA“, so Bußmann. Als Aushilfsfahrer fährt er auf 450-Euro-Basis. Wenn er für einen Einsatz nur 50 Euro bekommt, nimmt er es mit Humor: „Schlechter bezahlt als ein Notdienst!“ Er hat viel Zeit und Geld in sein Hobby investiert: „Die Kosten für den Führerschein sind fünfstellig. Dazu habe ich die gewerbliche Prüfung vor der IHK abgelegt, fünf Monate dafür gelernt. Das ist fast wie eine zweite Berufsausbildung.“ Jetzt ist Bußmann „Berufskraftfahrer EU“, im Unterschied zum klassischen Berufskraftfahrer: „Da dauert die Ausbildung dreieinhalb Jahre.“
Bußman bewarb sich als Aushilfsfahrer bei einem Busunternehmen, hat kürzlich Familien chauffiert, die in einem evangelischen Ferienhaus Urlaub machten. „Ich möchte das Erlernte anwenden und in Übung bleiben.“ Noch sitzt ein erfahrener Fahrer daneben. „Ich kann natürlich keine Viertagesreisen machen, aber kurze Fahrten schon.“
Da passt es gut, dass er für seine Kunden drei- bis viermal im Jahr kleine „Kaffeefahrten“ anbietet. Die älteren Gäste sind begeistert, wenn der Apotheker hinter dem Lenkrad Platz nimmt. „Wir haben zum Beispiel vor vier Jahren einen Ausflug gemacht und die Pflüger-Werke in Rheda-Wiedenbrück besichtigt.“
Nur eines fehlt zum großen PS-Glück. „Ich habe keinen eigenen Bus“, sagt er bedauernd. Noch. Denn auch der steht auf seiner Löffel-Liste. Ein schöner, alter soll es sein. Ein Oldtimer. „Ich träume von einem alten Saurer, das sind die Schweizer Postbusse“, sagt der Apotheker und gerät ins Schwärmen, „der Motor wird nicht mit Anlasser, sondern mit Luftdruck gestartet. Und sie haben Streugutkisten aus Holz.“ Sie heißen in der Schweiz schlicht „Postauto“, in Arbon am Bodensee im Kanton Thurgau gibt es das Saurer-Museum.
Auch ein alter Setra-Bus, mindestens 30 Jahre auf dem Buckel, wäre schön. Er hat auch schon seine Zielgruppe ausgemacht: „Ich würde zum Beispiel gern Schützenvereine auf ihrem Ausflug begleiten. Ich würde mich immer dann als Fahrer anbieten, wenn jemand in einem alten, unbequemen Bus fahren möchte.“ Ein gelber Saurer DUK-50L, Erstzulassung 1971 mit 557.000 Kilometern auf dem Buckel ist derzeit online zum Beispiel für 19.500 Euro wohlfeil. Weitere Details: 215 PS, Diesel, Halbautomatik, zwei Achsen, Anhängerkupplung, Küche mit Kühlschrank, Gasherd und Spültisch, drei Dachluken.
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