Hamburg Dungeon

Gruseldrama mit Apothekerstochter

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Berlin -

Eine mordende Apothekerstochter hat im Gruselkabinett Hamburg Dungeon ab Montag ihren Auftritt. Die Geschichte der „giftigen Geliebten“ Anna Thormählen aus Hamburg-Bergedorf beruht auf einer wahren Geschichte: Vor rund 140 Jahren vergiftete sie ihren Ehemann, um mit einem Apotheker durchzubrennen.

Die Dungeon-Inszenierung beruht auf einem wahren Fall, der 1876 vom Juristen Dr. August Wunderlich eingehend analysiert wurde. Thormählen wurde 1851 in Bergedorf geboren, als Tochter eines Apothekeninhabers. Sie verliebte sich mit 17 in Hermann Schelenz, der als Gehilfe in der Apotheke ihres Vaters arbeitete. Die beiden verlobten sich; doch Schelenz löste die Verbindung nach wenigen Tagen. Begründung: Er liebe sie nicht genug und sei außerdem zu arm, um sie in absehbarer Zeit heiraten zu können.

Thormählen und auch ihre Mutter – die wohl auf einen Schwiegersohn gehofft hatte, der die Apotheke übernehmen könnte – waren nach dieser Offenbarung am Boden zerstört. Die Tochter ging nach Hannover und ließ sich dort zur Erzieherin ausbilden. Als sie nach Hause zurückkehrte, arbeitete Schelenz bereits in einer anderen Apotheke. Er besuchte Hamburg jedoch häufig und traf sich dann auch mit ihr.

Sie heiratete letztlich mit 19 einen anderen: den Hamburger Unternehmer Theodor Thormählen. Allerdings machte sie bei der Verlobung zur Bedingung, dass „das Verhältnis zwischen ihnen nur ein Schwesterliches sein dürfe“. Ihr Mann musste ihr zudem erlauben, Schelenz weiter Briefe schreiben und ihn treffen zu dürfen.

Schelenz hatte inzwischen auf Kredit eine Apotheke im schleswig-holsteinischen Rendsburg gekauft. Trotzdem besuchte er Thormählen weiterhin; ihr Ehemann bemerkte von der Affäre nichts. Als die Frau schwanger wurde, behauptete sie beiden Männern gegenüber, dass sie der Vater ihrer Tochter wären.

Den Plan, ihren Mann umzubringen, hatte sie nach eigener Aussage erstmals im Oktober 1874 gefasst. Sie habe sich mit ihm unglücklich gefühlt; er sei nur zum Essen und Schlafen nach Hause gekommen. Sie war sicher, mit Schelenz glücklicher werden zu können. Und der Ehemann musste dazu aus dem Weg geräumt werden.

Am 5. April 1875 will sie ihn – ganz die kundige Apothekertochter – mit Morphium vergiftet haben. Sie behauptet, einen Teelöffel Morphium-Pulver aus dem Warenlager der elterlichen Apotheke gestohlen zu haben. Nach ihrer Darstellung schüttete sie ihrem Mann ein wenig in Wasser gelöstes Morphium ins Bier. Er habe sich jedoch beschwert, dass es bitter schmecke und nichts weiter davon getrunken.

Thormählen musste also raffinierter vorgehen. Sie wusste, dass Morphium zu Verstopfungen führte. Daher löste sie eine geringe Menge davon jeden Morgen im Kaffee ihres Mannes auf, bis dieser über genau diese Beschwerden klagte. Daraufhin verabreichte sie ihm vier seiner Abführungstabletten – die sie zuvor ebenfalls mit Morphium angereichert haben will. Insgesamt dürfte Theodor Thormählen etwa drei Gramm Morphium zu sich genommen haben. Eine ziemlich sicher tödliche Dosis, wie ein Pharmazeut im Prozess erläuterte.

Ein Arzt hielt als Todesursache des Ehemanns jedoch Erkrankung ohne Fremdeinwirkung fest; Thormählen wurde zu keiner Zeit verdächtigt. Monate nach dem Tod, im Juli, zeigte sie sich überraschend selbst für den Mord an ihrem Mann an. Sie begründete ihr Geständnis damit, dass Schelenz ihr „den Preis nicht mehr wert erschienen“ sei, den er sie gekostet habe. Das schrieb sie an einen Freund ihres verstorbenen Mannes – mit der Bitte, sich um ihre Mutter und ihre Tochter zu kümmern.

Doch hat Thormählen die Wahrheit gesagt? Die Leiche ihres Mannes wurde exhumiert und seziert. Ein Arzt und ein Pharmazeut fanden keine Morphiumrückstände. Das schließe die Vergiftung aber nicht aus, denn nach eingetretener Verwesung sei der Stoff im Körper nach gewisser Zeit nicht mehr nachweisbar, so die Sachverständigen.

Thormählen wurde vom Freund ihres Mannes und auch von Schelenz vor Gericht als nicht aufrichtig und hysterisch beschrieben. Sie neige dazu, sich Geschichten auszudenken, sagten beide. Ein „Irrenarzt“ beurteilte sie dagegen als nicht verrückt, wenngleich wohl depressiv: Er traute ihr den Mord zu.

Die Geschworenen entschieden jedoch anders: Sie sahen Thormählen trotz ihres Geständnisses nicht als Mörderin und sprachen die Apothekerstochter wegen Unzurechnungsfähigkeit frei. Berichtet wird aber auch, dass die Apothekerstochter außergewöhnlich hübsch gewesen sein soll und zahlreiche Verehrer hatte. Vielleicht war Justitia in ihrem Verfahren nicht völlig blind.

Das Hamburg Dungeon inszeniert den Fall mit der Schauspielerin Janine von Ende in der Rolle von Thormählen vom 27. Juni bis Ende August als temporäre Show. Die Schauspielerin erzählt aus Sicht der Apothekerstochter – ihre Bühne ist einer Apotheke aus dem 19. Jahrhundert nachempfunden. Besucher des Dungeon erwarten noch andere gruselige Highlights aus Hamburgs Vergangenheit – darunter Geschichten zur Pestausbreitung, der Inquisition im 13. Jahrhundert und dem verheerenden Brand am 4. Mai 1842.

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