Drei von vier Angehörigen, die ein Familienmitglied oder einen Bekannten im häuslichen Umfeld pflegen, berichten von Unsicherheiten und Problemen bei der Medikation. Das ergab eine Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP).
Viele der pflegebedürftigen Menschen bekommen fünf oder mehr Wirkstoffe über einen längeren Zeitraum verordnet. Durch die möglichen Wechselwirkungen birgt dies nicht nur gesundheitlichen Gefahren. Auch der oft komplexe Medikationsprozess – von der Verordnung, dem Stellen bis hin zur Einnahme der Medikamente – ist gerade für diese Patienten oft fehleranfällig. Dazu kommt, dass in der Regel auch mehrere Personen wie Ärzte, Pflegekräfte, Apotheker und pflegende Angehörige an diesen Prozessen beteiligt sind und entsprechend oft Missverständnisse durch Fehlkommunikation auftreten. Deshalb wird die Medikation als besonderer Risikobereich für die Patientensicherheit eingeschätzt.
Das ZQP als gemeinnützige Stiftung des PKV-Verbands hat nun in einer deutschlandweiten Studie bei mehr als 1000 pflegenden Angehörigen nachgefragt, welche Erfahrungen diese mit dem Medikamenteneinsatz in der häuslichen Pflege machen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich 76 Prozent von ihnen regelmäßig am Medikationsprozess der Pflegebedürftigen beteiligen. Dabei helfen 63 Prozent der involvierten Befragten in solchen Bereichen, die sie für sich selbst als teilweise schwierig einschätzen. Knapp ein Viertel (23 Prozent) empfindet die Hilfe rund um Medikamente als eher oder sogar sehr belastend.
Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvositzender des ZQP, erklärt: „Die Analyse unterstreicht, dass für viele der etwa 3,4 Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland Angehörige eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung eines richtigen Umgangs mit Medikamenten spielen.“ Oftmals sei hierbei aber keine professionelle, pflegerische Unterstützung eingebunden. Laut Studie gaben 64 Prozent der Teilnehmer an, dass regelmäßig keine Pflegekraft an der Versorgung beteiligt sei. „Es ist nicht trivial, Verantwortung für die richtige Medikamenteneinnahme zu tragen, zum Beispiel für Zeitpunkt und Dosis. Schwierig wird es insbesondere, wenn die pflegebedürftige Person vielleicht schlecht greifen oder schlucken kann, die Medikamente immer wieder vergisst oder nicht einnehmen möchte. Dadurch droht anhaltender Stress, der sich auch auf die Gesundheit der Angehörigen negativ auswirken kann“, so Suhr.
Laut Studie werden von einem erheblichen Anteil der Befragten folgende Unterstützungsaufgaben erbracht: „Medikamente aus der Apotheke besorgen“ (53 Prozent); „Rezept beim Arzt abholen“ (47 Prozent); „Medikamente richten“ sowie „Über Medikamente aufklären“ (je 39 Prozent); „Sich über Folgen von verordneten Medikamente informieren“ (38 Prozent); „Medikamente bereitstellen“ sowie „An Medikamenteneinnahme erinnern“ (je 34 Prozent). Es kommt dabei regelmäßig vor, dass gleich mehrere solcher Aufgaben übernommen werden.
Von sicherheitsrelevanten Problemen im Medikationsprozess im letzten halben Jahr berichten 77 Prozent der Befragten. Gut ein Drittel sagt, dies sei gelegentlich oder sogar oft passiert. Am häufigsten trat demnach auf: „Medikament war aufgebraucht“ (51 Prozent); „Medikament wurde zum falschen Zeitpunkt angewendet“ (36 Prozent); „Pflegebedürftige Person lehnte Medikament ab“ (33 Prozent); „Zweifel, ob das Medikament angezeigt war“ (32 Prozent). Aber auch Abstimmungsdefizite mit anderen beteiligten Akteuren oder falsche Dosierungen werden als Probleme benannt.
Die Online-Befragung wurde in der Zeit vom 18. Februar bis zum 15. März durchgeführt. Die Stichprobe wurde nach Kombinationen von Alter, Geschlecht und formaler Bildung nachgewichtet, um sie dem Ideal einer Repräsentativstichprobe so weit wie möglich anzunähern: Grundgesamtheit sind Personen in Deutschland im Alter von 40 bis 85 Jahren, die in ihrem privaten Umfeld seit mindestens sechs Monaten und mindestens einmal pro Woche einen Menschen pflegen, der nicht in einem Alten- oder Pflegeheim lebt.
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