Häufige Impfeinwände – Erklären und zuhören Alexandra Negt, 13.11.2021 09:09 Uhr
Immer noch hadern viele Menschen mit der Corona-Impfung. Die Diskussionen basieren oft auf Gefühlen, sodass die meisten Impfeinwände nicht auf wissenschaftliche Belegen zurückgehen. Auch fernab von der Corona-Impfung lehnen zahlreiche Bürger:innen Immunisierungen ab. Sie befürchten schlimme Nebenwirkungen oder halten Vakzine schlicht und einfach für überflüssig.
Nicht alle Menschen, die eine Corona-Impfung ablehnen sind strenge Impfgegner. Es kann hilfreich sein im Beratungsgespräch zuzuhören und auf die Bedenken einzugehen. Doch es gibt auch Personen, die jegliche Immunisierung ablehnen. Die Impfeinwände basieren zumeist auf Emotionen und Annahmen, weniger auf wissenschaftlichen Studien.
Einwand 1: Impfungen fördern Allergien
Heute wird mehr geimpft und es gibt mehr Allergien. Ein direkter Zusammenhang ist nicht bestätigt. Niederländische Wissenschaftler:innen haben alle Fachartikel zum Thema „Allergie und Impfung“ aus den Jahren 1966 bis 2003 auf einen möglichen Zusammenhang hin geprüft. Das Ergebnis: Alle methodisch zuverlässigen Untersuchungen zeigten kein erhöhtes Allergierisiko durch eine Impfung. Das RKI verweist bei diesem Thema auf die Erfahrungen aus der DDR: Dort bestand eine Impfpflicht und es gab kaum Allergien. In Ostdeutschland nahmen die Allergien erst nach der Wende zu bei gleichzeitig sinkenden Impfquoten.
Einwand 2: Nebenwirkungen sind nicht einzuschätzen
Gerade bei den neuen Corona-Impfstoffen warnen Skeptiker immer wieder vor möglichen Langzeitfolgen. Fakt ist: Langzeitfolgen können aktuell nur zeitlich begrenzt betrachtet werden, da die Vakzine noch nicht lange verfügbar sind. An sich birgt eine Impfung aber nicht die Gefahr einer Spätfolge oder einer irreversiblen Nebenwirkung. Natürlich weisen Impfungen unerwünschte Reaktionen auf. Diese sind aber zeitlich begrenzt und verschwinden nach wenigen Tagen wieder. Zu den häufigsten Ereignissen zählen neben Reaktionen an der Einstichstelle vor allem „impftypische“ Reaktionen des Körpers wie Fieber, Kopfschmerzen und Müdigkeit. Impfskeptiker vermuten in der Impfung den Auslöser für Unfruchtbarkeit, Diabetes oder Multiple Sklerose – einen wissenschaftlich fundierten Nachweis gibt es hierfür bis heute nicht.
Einwand 3: Man impft gegen ausgerottete Krankheiten
Es ist richtig, einige Krankheiten gegen die Kinder routinemäßig geimpft werden, kommen in Deutschland kaum noch vor. Das ist aber das Resultat aus jahrelangen Impfprogrammen. Würden die Impfquoten zurückgehen, so würde die Gefahr von Infektionswellen wieder steigen. Das beste Beispiel ist Polio. Die Kinderlähmung tritt in Deutschland kaum noch auf. 1990 wurde in Deutschland die letzte erworbene Poliomyelitis durch ein Wildvirus erfasst. In anderen Teilen der Welt, in denen die Impfquote niedriger ist, kommt es immer noch zu Ausbrüchen. Infektionen werden beispielsweise durch Reisende eingeschleppt. Polio-Impfungen sind also solange nötig, bis es weltweit keine zirkulierenden Erreger mehr gibt.
Einwand 4: Impfstoffe verändern das Erbgut
Gerade zu Beginn der Pandemie wurden Bedenken geäußert, dass die Impfstoffe das Erbgut verändern könnten. Dabei wirken Comirnaty (Biontech) und Spikevax (Moderna) als mRNA-Impfstoffe an den Ribosomen und gelangen gar nicht in den Zellkern, also an den Ort, wo sich das Erbgut befindet. Je nach Technologie haben Vakzine einen anderen Wirktort. Auch Totimpfstoffe gelangen nicht in den Zellkern. Eine Ausnahme bilden hier die Vektorimpfstoffe, sie gelangen in den Zellkern. Das Risiko der Erbgutveränderung wird von Expert:innen als sehr gering eingestuft. Neben den Corona-Vektorimpstoffen sind bereits Vakzine gegen Ebola und Dengue-Fieber, die auf der Vektortechnologie beruhen zugelassen.
Das RKI schreibt zu Vaxzevria und Covid-19-Vaccine Janssen: „Bei natürlicher Infektion mit Adenoviren wurde bisher keine genetische Veränderung menschlicher Zellen beobachtet. Adenovirale Vektoren gelten generell als nichtintegrierende Vektoren, das heißt sie integrieren ihr Erbgut nicht ins Zellgenom. […] Auch vor dem Hintergrund, dass sich die adenoviralen Vektoren – anders als die natürlichen Erkältungsviren – aufgrund genetischer Veränderungen nicht im menschlichen Körper vermehren und schnell vom Körper eliminiert werden, besteht nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft kein Risiko durch eine Integration der Adenovirus-Vektor-DNA in das menschliche Genom.
Einwand 5: Imfpungen sollen der Pharmaindustrie nur Geld bringen
Natürlich verdienen Pharmahersteller auch mit Impfstoffen Geld. Im Vergleich zu den Einnahmen durch Arzneimittel ist der Betrag jedoch gering. Denn anders als Arzneimittel, die wiederholt oder sogar regelmäßig eingenommen werden müssen, werden Impfstoffe nur wenige Male (teilweise einmalig) verabreicht. Zur Einordnung: Im Jahr 2014 haben die gesetzlichen Krankenkassen rund 194 Milliarden Euro ausgegeben. Eine Milliarde Euro entfiel dabei auf Impfstoffe, 33 Milliarden Euro auf Arzneimittel.