Der Mann kann Klartext: „Wie kann man ihm übelnehmen, dass er sich in der Scheide so wohl fühlt?“ Gemeint ist der Erreger einer Vaginalmykose, der feuchtwarme Gebiete mag. Safwan Mardini vermittelt auf YouTube Apothekerwissen speziell für eine jüngere Usergeneration. Dazu baut er zielstrebig an mehreren Standbeinen für eine Zukunft außerhalb der Offizin.
Mardini kam mit zwei Jahren aus Syrien ins Saarland. Nach seinem Studium in Freiburg arbeitet er seit 2012 als Apotheker. Eine Selbstständigkeit kommt für ihn nicht infrage. „Die Zukunft einer Apotheke ist nicht mehr so sicher wie sie einmal war. Da braucht man sich nur die aktuellen Entwicklungen anzuschauen.“ An ein Rx-Versandverbot mag er nicht mehr so recht glauben. „Amazon ist in den USA schon in den Arzneimittelhandel eingestiegen und wird sicher auch nach Deutschland kommen.“ Schon jetzt seien hierzulande die Bedingungen unerfreulich: „Die Krankenkassen und Ärztevertretungen diktieren uns, was zu tun ist“, sagt Mardini.
Folgerichtig hat Mardini seine eigene Festanstellung gekündigt. „Ich arbeite jetzt als Apothekervertreter in Teilzeit und daneben als Referent im Auftrag für Hexal, halte Fortbildungen zu präparatspezifischen Themen wie Demenz.“ Daneben erobere er sich die digitalen Welten: „Meine Generation ist mit YouTube aufgewachsen.“ So entstand die Idee zu „Safis Welt“.
„Die Leute gehen heute viel ins Netz, wenn sie etwas über Krankheiten und ihre Symptome erfahren wollen. Da will ich seriöse Informationen aus Apothekerhand geben. So können sich die Leute diskret schlau machen und schon mit einem Grundwissen in die Apotheke kommen.“ Die Wahl des ersten Themas sei keine leichte gewesen. Bewusst habe er sich mit der vaginalen Mykose gleich für eine tabubehaftete Infektion entschieden. Im zweiten Video ist er gleich bei den Mykosen geblieben, hier widmet er sich den Fuß- und Hautpilzen. Er erklärt die Infektionswege und stellt die Behandlungsformen vor.
Noch entstehen die Erklärvideos im Einmannbetrieb. Mardini ist Autor, Regisseur, Kameramann und Moderator zugleich. Drehort sind die eigenen vier Wände, das erste entstand im Wohn-, das zweite im Arbeitszimmer. Große Gimmicks oder Trickeffekte gibt es noch nicht: „Alle Grafiken und Zwischentitel habe ich selbst eingebaut.“ Für den Anfang solle das auch erst mal so bleiben. „Wie sich der Kanal entwickelt, muss man sehen. Vielleicht hab ich irgendwann die Mittel für einen zweiten Kameramann.“ Auch kleinere „Pannen“ dürfen sein: Als Mardini Körperpflegetipps für Scheidenpilzbetroffene gibt, hört man im Hintergrund seine Ehefrau kichern. „Das hab ich bewusst drin gelassen.“
Überhaupt wolle er seine Videos bewusst launiger und lockerer halten. „Unter einem Apotheker stellen sich viele Patienten einen Akademiker vor, der etwas steif wirkt“, sagt der Jungpharmazeut. „Ich will zeigen, dass nicht jeder von uns einen Stock im Arsch hat.“ Er wolle auf Augenhöhe mit dem Patienten kommunizieren. „Darum duze ich sie in meinen Videos.“ Das komme nicht bei jedem gleich gut an, räumt er ein, doch seine Zielgruppe sei jünger. „Die Videos richten sich in erster Linie an meine Altersgruppe und jüngere User.“
Die Klickzahlen und die Kommentare auf die ersten beiden Videos halten sich noch in Grenzen. „Die Reaktionen im kleinen Freundeskreis waren schon mal ziemlich positiv“, freut sich Mardini. Doch der Kanal soll stetig ausgebaut werden. Das nächste Thema werde etwas leicht verdaulicher, verspricht er. „Ich arbeite an einem Video zu den richtigen Bestandteilen einer Urlaubsapotheke.“
Reich werde wolle er damit nicht, betont Mardini. „Mir geht es in erster Linie um eine freie Informationsweitergabe. Die Videos richten sich auch an PTA oder Apotheker, die ihre Fachkenntnisse auffrischen wollen. Darum nenne ich die Erreger bei ihrem Namen, was nicht unbedingt zum Patientenwissen gehört.“ Durchaus habe er dabei mögliche künftige Tätigkeitsfelder im Auge: „Mein Fokus liegt auf der Referententätigkeit. Gerne will ich mehr in Richtung Lehre gehen.“ Erste Tendenzen gebe es bereits: „Wahrscheinlich werde ich verstärkt in die Ausbildung von PTA einsteigen.“
Über Langeweile könne er sich nicht beklagen. „Es gibt gerade sehr viel Umbruch in meinem Leben.“ Er sei dafür offen, wohin die Reise ihn führen werde. Gelingt es ihm, sich als Referent und Pädagoge zu etablieren, will er den Platz hinter dem HV-Tisch räumen: „Wenn ich davon leben kann, hab' ich keine Probleme, aus der Apotheke auszusteigen.“
Eine kleine Einschränkung habe er dabei schon: „Im Saarland bin ich aufgewachsen, hier will ich auch bleiben.“ Doch auch in dem eher überschaubaren Bundesland gebe es genug Möglichkeiten, ist er überzeugt: „Wenn man sich umschaut, findet man immer einen Weg.“
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