Gutachter: „Peter S. simuliert“ APOTHEKE ADHOC, 13.06.2018 15:16 Uhr
Der psychologische Gutachter Professor Dr. Boris Schiffer von der Ruhr-Universität Bochum glaubt nicht, dass der mutmaßliche Pfusch-Apotheker Peter S. an einer Hirnschädigung leidet. Die Ergebnisse der Tests seien so schlecht, dass S. wohl simuliere. Correctiv berichtet aus dem Gerichtssaal.
Die Ergebnisse des Gedächtnistests waren so schlecht, „wie man sie sonst bei Alzheimer-Patienten erwarten würde“, sagte Schiffer. Er sehe keine Hinweise auf eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit und halte den Apotheker für voll schuldfähig. Hätte es klinisch relevante Beeinträchtigungen gegeben, hätten auch andere Zeugen etwas davon bemerkt.
S. habe erzählt, dass er in der ersten Arbeitsstunde immer die Zytostatika zubereitet hätte. Danach habe er sich bei seinen Eltern hinlegen müssen. Bereits 18 Monate nach seiner Hirnverletzung habe ihm sein Neurologe wieder volle neurologische und psychopathologische Funktionsfähigkeit bestätigt. Schiffer sollte S. nun bestätigen, dass er nicht mehr als Apotheker arbeiten könne. Zum Gesundheitszustand der Eltern des Apothekers durfte der Psychologe nicht aussagen. Es trage nach Ansicht des Gerichts nicht zur Wahrheitsfindung bei.
Einige Schlussfolgerungen im Gutachten seines Kollegen Pedro Faustmann seien wissenschaftlich falsch, sagte Schiffer. Faustmann hatte ermittelt, dass S. Intelligenzquotient bei 108 liege, was unterdurchschnittlich sei. Schiffer bewertete dies jedoch als Wert im oberen Mittelfeld. Offenbar hatte der Apotheker das Schmerzmittel Neuralgin eingenommen, denn die Verteidigung erkundigte sich beim Gutachter, ob dieses Mittel Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit habe. Schiffer waren keine bekannt.
Die Verteidigung argumentiert, S. hätte durch einen Unfall eine schwere Hirnschädigung erlitten und sei darum womöglich vermindert schuldfähig. Der Psychologe Faustmann hatte den Apotheker zweimal in Haft besucht und ein vorläufiges Gutachten geschrieben. Demzufolge zeige S. „gravierende neurologische Auffälligkeiten“. Bei der Bearbeitung von Testaufgaben habe er nach kürzester Zeit einen deutlichen Leistungsabfall gezeigt. Schiffer wurde vom Gericht bestellt, um die Zurechnungsfähigkeit des Apothekers zu überprüfen. Er hatte bereits Zeugen aus dem Umfeld von S. befragt.
Die Verteidigung hatte noch versucht, Schiffers Aussage zu verhindern, als sie von seinem Gutachten erfuhr. Drei Wochen Unterbrechung hatte sie gefordert, um die neuen Sachverhalte prüfen zu können. Während der Verhandlung stellte sie nochmals einen entsprechenden Antrag. Der Vorsitzende Richter Johannes Hidding lehnte dies jedoch in beiden Fällen ab.