Der Bundesverband Contergan-Geschädigter sieht den weiteren Entschädigungs-Verhandlungen mit dem Aachener Pharmahersteller Grünenthal skeptisch entgegen. Das zweite Treffen mit der Firmenspitze sei ohne Ergebnis beendet worden, teilte der Bundesverband am Montag mit. „Für uns sieht es so aus, dass Grünenthal eine Lösung sucht, die gut aussieht, die das Unternehmen aber nicht viel kostet“, sagte Verbandsbeirat Martin Dressler. Das Unternehmen betonte erneut, es wolle einen eigenen finanziellen Beitrag zur Aufstockung der Hilfsgelder leisten.
Nachdem die Bundesregierung die Renten verdoppelt hat, erwartet der Bundesverband vom Unternehmen einen jährlichen Beitrag von 15 Millionen Euro, damit die Renten verdreifacht werden können. Die rund 2700 Betroffenen erhalten zur Zeit eine maximale Rente von 545 Euro. Der Verband fordert außerdem eine Einmalzahlung von rund 100.000 Euro an jeden Betroffenen. Grünenthal habe die Forderungen bei dem Gespräch vor gut einer Woche als nicht akzeptabel abgelehnt. Der Verband sei erst jetzt an die Öffentlichkeit gegangen, weil er noch auf ein Einlenken gehofft habe. Unternehmenssprecherin Annette Fusenig sagte, Zahlungsmodelle seien in Arbeit. „Grundsätzlich wollen wir eine Verbesserung der Lebenssituation erreichen.“
Der Verband äußerte sich „sehr enttäuscht“ und „tief betroffen“ über den Umgang des langjährigen früheren Chefs von Grünenthal, Michael Wirtz, mit den Geschädigten. „Von ihm kam kein Wort des Bedauerns. Es ging ihm nur um die Firma. Es war eine kühle Atmosphäre.“ Michael Wirtz hatte das Unternehmen 35 Jahre lang geleitet. Erst sein Sohn Sebastian Wirtz zeigt einen offeneren Umgang mit dem Contergan-Kapitel.
Grünenthal hatte das Schlafmittel mit dem Wirkstoff Thalidomid im Oktober 1957 auf den Markt gebracht. Dadurch kamen weltweit 10.000 Kinder zum teil schwer fehlgebildet zur Welt. Grünenthal hatte sich verpflichtet, 110 Millionen Mark (rund 56 Millionen Euro) in eine Stiftung einzuzahlen. Der Bund zahlte 100 Millionen ein.
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