Wenn ein Logistikkonzern einräumen muss, dass er gerade überfordert ist, der Gesundheitsminister sein Versorgungsgesetz ohne Rücksicht auf die Wünsche der ABDA serviert und dann noch die Krankenkassen zum großen Geldeinsammeln antreten – spätestens dann weiß man: Auch diese Woche hätte besser sein können.
Es kommt immer anders. Ganz besonders als man denkt. Noch vor wenigen Wochen gab sich die ABDA-Spitze beim Apothekertag in München kämpferisch, dass mindestens die regelmäßige Überprüfung des Apothekerhonorars kurzfristig geregelt werden müsse. Doch dann plumpst der Referentenentwurf aus dem Ministerium auf die Tische der Apotheker.
Wenige Tage zuvor, angeblich noch nicht einmal mit der Leitung des Hauses abgestimmt, birgt der offizielle Vorschlag nichts anderes als der „inoffizielle“ Vorgänger – die nackte Wahrheit aus dem Hause Gröhe: Schön, dass die Apotheker sich für eine gesetzliche Festschreibung ihres Zwangsabschlags an die GKV eingesetzt haben. Schön auch, dass ansonsten keine Forderungen der Apotheker berücksichtigt werden müssen. Müssen muss der Herr Minister nämlich nichts. Insgesamt für ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und die Seinen ein harter Aufschlag.
Zwar sollen in Sachen Retaxationen die Krankenkassen in Zukunft nicht mehr ganz so derbe zu Werke gehen wie in der Vergangenheit. Aber das dürfte noch nicht einmal die nach eigenen Angaben ziemlich erfolgsverwöhnte ABDA als Erfolg durchgehen lassen. Denn wieder muss mit den Kassen gerungen werden – so wie in den vergangenen Jahren auch.
Die baden-württembergische Gesundheitsministerin Katrin Altpeter (SPD) findet Retaxationen jedenfalls in Ordnung. Sie kann den Zwergenaufstand der Apotheker draußen im Ländle nicht verstehen. So wird sie spürbar, die Kraft der Großen Koalition: ein CDU-Minister, der die Forderungen der Apotheker geschickt abbügelt; eine SPD-Landesministerin, die assistiert. Und das auch noch im Bundesland von DAV-Chef Fritz Becker, der durchaus optimistisch bleiben und sicher auch kämpfen will.
Doch auch Andere bringen sich in Stellung. Zum Beispiel die Kliniken: Die finden das Entlassrezept richtig gut und würden gerne noch einen Schritt weiter gehen. Die DKG drängt auf die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. Was dank MVZ, Ermächtigung und ASV vielerorts bereits unter dem Radar läuft, wollen die Kliniken offiziell ins Gesetz gemeißelt wissen.
Auch die Kassen zahlen auf das ein, was die Politik vorgelegt hat: Schlechtere Leistungserbringer könnten aus der Versorgung ausgeschlossen werden, findet der GKV-Spitzenverband: „Qualitätsverträge“ müssten ermöglicht werden – Selektivverträge, für deren Teilnahme eine überdurchschnittliche Qualität Voraussetzung sei.
Bis es soweit ist, bleibt aber alles beim Alten: Einzige Währung ist der niedrigste Preis. Zwei AOKen lassen sich Abilify von Reimporteuren kommen. Und um dem Substitutionsausschluss von COPD-Medikamenten zuvorzukommen, haben DAK und AOK noch schnell Budesonid und Formoterol ausgeschrieben. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte diese Gruppe ins Auge gefasst, doch solange nichts beschlossen ist, lässt sich noch pokern: Wer hier am besten pokert, kann dank aut-idem womöglich auch nach dem Ende der Vertragslaufzeit auf Therapietreue hoffen.
Wie sich Geschäfte mit den Kassen machen lassen, zeigte auch der Hersteller Lundbeck. Seinen Blockbuster Cipralex (Escitalopram) verteidigte der dänische Pharmakonzern drei Jahre lang, bevor er sich jetzt überraschend mit dem GKV-Spitzenverband einigte: Ab Dezember darf das – seit kurzem generische – Antidepressivum in die Festbetragsgruppe mit Citalopram. Im Gegenzug darf der Hersteller Erlöse von rund 150 Millionen Euro behalten. Leidtragende sind die Generikaanbieter, deren Preise dadurch abrutschen.
Die Kassen können das Geld gut gebrauchen, denn nach eigenen Angaben haben sie in den ersten sechs Monaten ein Minus von 4 Milliarden Euro eingefahren. Eingesammelt wird auch bei den Apotheken: Die Retaxwelle, die nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zunächst ausgeblieben war, rollt nun mit umso größerer Wucht heran.
Die nächste Retaxfalle lauert bereits: Wie rechnet man Rezepte ab, wenn die IK-Nummer aus dem Zahlensalat nicht zu rekonstruieren ist. Wer gedacht hätte, das Problem stünde ganz oben auf der Agenda der Verbände, dürfte enttäuscht sein. Irgendwann im November wollen DAV und Rechenzentren nach Lösungen suchen. Bis dahin entwickelt sich ein Flickenteppich an Meinungen, Vorschlägen, Lösungen.Einige Rechenzentren wollen die Rezepte liegen lassen, AvP rechnet per Haupt-IK ab und hofft auf Gnade seitens der Kassen.
Auf Gnade oder zumindest Verständnis hofft auch Trans-o-flex: Der Logisitikdienstleister kämpft mit „unangekündigten Sonderaktionen“ und „technischen Pannen“. Heißt: Viele Kunden mussten warten. Von Chaos könne keine Rede sein, und in wenigen Tagen werde man alle Sendungsrückstände abgearbeitet haben, hieß es. Daumendrücken.
Bestmöglich sortieren und organisieren können sollte auch derjenige Logistiker, der in Zukunft im Auftrag der Stada tätig wird. Der Generikakonzern will sich diesbezüglich komplett neu aufstellen, besser werden und – natürlich – Kosten sparen. Daran denkt man wohl auch bei Bausch & Lomb. Der Mutterkonzern Valeant muss womöglich sein Angebot für Allergan nachbessern und will daher Umsatz und Ertrag sehen. Sogar von einem Stellenabbau ist hinter vorgehaltener Hand die Rede.
Wenn auch kein Stellenabbau, dann doch fette Schadenersatzzahlungen drohen Bayer, denn sogar mittels Fernsehwerbung suchen Anwälte in den USA nach Xarelto-Opfern. Ganz anders das Werbeprinzip bei Wick. Rechtzeitig zum Start der Erkältungssaison wirbt der Hersteller Procter & Gamble mit einem Kartenspiel als Gratiszugabe.
Wenig Glück beim Marketing hatte Pierre Fabre. In den Apothekenfinder für die Kosmetikmarke Avène waren aus Versehen Dermatologen gerutscht. Nur „Empfehler der Marke“, rechtfertigte sich das Unternehmen. Die Apothekenexklusivität stehe ohne Wenn und Aber. Doch nicht nur in Drogeriemärkten, sondern auch in Praxen wurden bereits Avène-Produkte gesehen. Schade.
Auf einem Tiefpunkt scheint derzeit die Stimmung unter einigen Angestellten bei der Treuhand Hannover. In deren Leipziger Niederlassung gab es einen personellen Aderlass. Das soll die Ausweitung des Geschäftsmodells aber nicht stören: Auch für Rechtsberatung und Wirtschaftsprüfung steht das apothekereigene Unternehmen seinen Mandaten künftig zur Verfügung.
Gut gemeint hat es anscheinend die Leserin einer Zeitung, die vorschlug, nur noch eine Notdienstapotheke für ganz Freiburg zu besetzen. Und dann am besten die easy-Apotheke am Hauptbahnhof. Kammerpräsident Dr. Günther Hanke fand das nicht ganz einleuchtend und schaltete sich ein in die mediale Debatte. Das Thema wird noch zu vielen spannenden Diskussionen führen.
Alles andere als positiv überrascht waren Apotheker, deren Namen und Kontaktdaten von der Abzocker-Bude alles-rezeptfrei.net verwendet wurden, um das illegale Pillengeschäft zu bewerben. In Pressetexten und „Fachbeiträgen“ wurden die Apotheken als Absender eingesetzt. Krude Praktiken, die einen Blick in die Untiefen des Marktes ermöglichen.
Zum Schluss eine Nachricht ohne Meldung und umgekehrt. In der abgelaufenen Woche gab es tatsächlich keinen Drohnen-Testflug. Ist doch auch schon mal was.
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