Glaeske kritisiert Hoggar-Beratung APOTHEKE ADHOC, 25.06.2019 13:50 Uhr
Rezeptfreie Medikamente sind keineswegs harmlos, gerade bei Schlafmitteln ist deshalb eine gute Beratung in der Apotheke wichtig. Der NDR hat in seiner Sendung „Markt“ die Probe aufs Exempel gemacht. Als Experte kritisiert Professor Dr. Gerd Glaeske die Kundengespräche als unzureichend.
Schlafmittel gehörten zu den meistverkauften Arzneimitteln in Deutschland, sie seien aber unter Experten umstritten, beginnt der Beitrag. „Dass sie ohne Rezept verkauft werden dürfen, heißt aber nicht, dass sie keine Nebenwirkungen haben“, erklärt Glaeske. Von gefährlichen Reaktionen wird im Beitrag gewarnt: Depressionen, Stürze, kognitive Beeinträchtigungen, zählt Glaeske auf.
„Aber sagen die Apotheken ihren Kunden das?“ Mit versteckter Kamera haben die Reporter elf Apotheken besucht. Der erste Mitarbeiter empfiehlt Sport, verkauft dann aber Hoggar night und empfiehlt die Einnahme von zwei Tabletten. „Ist etwas zu beachten?“ „Nein.“ 7,49 Euro.
„Als es um das Arzneimittel ging, hätten ich mir gewünscht, dass stärker auf bestimmte Krankheiten und andere Medikamente eingegangen worden wäre“, kommentiert Glaeske. „Das war keine ausreichende Beratung.“
In der zweiten Apotheke zeigt sich die Mitarbeiterin fürsorglich, verkauft dann aber ein homöopathisches Präparat, Hoggar Night und Orthomol Vital für insgesamt 42 Euro. „Das war ein Gespräch, wie ich sie gar nicht mag“, bewertet Glaeske. „Hier wurde der Besuch der Apotheke genutzt, um möglichst viel anzubieten und zu verkaufen. Das diskreditiert die Apotheke.“
Weil vor allem ältere Menschen gefährdet sind, wird eine Seniorin in die nächste Apotheke geschickt. Hier ist der Mitarbeiter zunächst zögerlich, greift dann aber doch zu Hoggar Night mit dem Hinweis, das Mittel nicht über längere Zeit zu nehmen. „Konkretere Infos? Fehlanzeige.“ Auf Nachfrage erklärt er der Kundin, dass sie nichts falsch machen könne, sofern sie nicht zu viel einnehme. Die Testkäuferin mutmaßt im Anschluss, dass der Apotheker vielleicht neu war und „unter Zugzwang“ zu stehen schien.
Laut Glaeske hätte nach anderen Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes gefragt werden müssen, das Gespräch sei „nicht ausreichend gewesen, um sich ein vernünftiges Bild von der medizinischen Situation zu machen“.
Die vierte Apotheke ist leer, laut NDR sollte also eigentlich genügend Zeit für ein ausführliches Gespräch sein. Hier erkundigt sich die Mitarbeiterin nach Ursache und Dauer, empfiehlt dann ein pflanzliches Präparat und verkauft schließlich als schnelle Hilfe ebenfalls Hoggar Night mit dem Hinweis, es nicht über einen längeren Zeitraum einzunehmen. „Das finde ich schon etwas arm, wie hier mit der Beratung umgegangen wird“, kritisiert Glaeske. Die Reaktion, etwas zu verkaufen, sei zu unkritisch für jemanden, der eine vernünftige Beratung erwarte. „Die Lösung ging zu schnell von der Hand.“
Fazit: In sechs von elf Apotheken wurde Hoggar Night verkauft, nur bei gezielter Nachfrage wurden Alternativen angeboten. Nur drei Apotheken hätten Präparate auf pflanzlicher Basis verkauft. „Vielleicht werden Verbraucher aber bald besser geschützt“, schließt der Beitrag mit Verweis auf die diskutierte Einführung einer Rezeptpflicht bei Schlafmitteln für Ältere.