Digitalisierung

Gesundheitsapps: Mehr Schein als Sein

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Berlin -

Erinnerung an die Tabletteneinnahme, Familienplanung, Übungen für den Rücken: Patienten können immer mehr gesundheitsbezogene Daten generieren und verfolgen. Da der Markt relativ unreguliert ist, birgt dieser auch Gefahren, denn Fehlfunktionen und fehlerhafte Anwendungen können gesundheitliche Schäden verursachen. Zu diesem Ergebnis kommt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, die in einer Studie Gesundheitsapps auf Zweck und Funktion untersucht hat.

Experten zufolge gibt es etwa 100.000 Gesundheits-Apps – bei dieser Anzahl Orientierung zu finden, ist nicht leicht. Die Verbraucherzentrale NRW hat sich daher 17 kostenlose deutschsprachige Apps aus der Kategorie „Gesundheit & Fitness“ oder „Medizin“ genauer angeschaut, die keine Zugangsbeschränkung haben.

Die Anwendungen wurden stichprobenartig anhand einer thematischen Stichwortsuche ausgewählt. Bei den Anbietern handelt es sich um sieben App-Entwickler, fünf Pharmaunternehmen, zwei Fachagenturen für Pharmakommunikation, eine Selbsthilfeorganisation, einen Arzt, ein Unternehmen, das technische Lösungen anbietet, und einen Anbieter, der nicht klar zu identifizieren ist.

Die Verbraucherzentrale kam zu dem Ergebnis, dass keine der untersuchten Apps alle Kriterien zu 100 Prozent erfüllt. Ein Zweck war bei allen Anwendungen zu entnehmen, die Zielgruppe wurde spezifisch von elf Apps genannt, zwei dagegen machten unspezifische Angaben. Elf Apps gaben medizinische Hinweise und zehn Apps gaben die Informationsquelle an. Allerdings wurden in drei Fällen unspezifische Quellen wie „ausgebildeter Privattrainer“ und „erfahrener Fitnesstrainer“ genannt. Laut Studie lieferte kein Produkt alle notwendigen Informationen sowohl in der Produktbeschreibung als auch in der App.

Keine der Apps enthielt vollständige Produktbeschreibungen, so dass dem Patienten vor Download nicht die wichtigsten Informationen vorlagen. „Die Verbraucher können sich nicht orientieren“, kommentiert eine Sprecherin der Verbraucherzentrale. Außerdem hätten ungeeignete Apps, beispielsweise bei Rückenschmerzen, ein Schadenspotenzial. Gesetzliche Regularien seien in diesem Bereich zwingend notwendig.

„Man kann die Expertise, die hinter den Entwicklern steht, nicht erkennen. Die wissenschaftlichen Quellen müssen definiert werden“, ergänzt sie. Denn die Verbraucher sollten schon vor Download der App informiert werden und sich danach entscheiden. Dazu empfiehlt die Sprecherin, dass gesetzliche Kriterien festgelegt werden, die sich an dem Niveau von zertifizierten Gesundheitswebsites orientieren.

„Um eine gute App von einer schlechten unterscheiden zu können, sind klare Qualitätsstandards, aber auch Datenschutzstandards notwendig“, teilt das Gesundheitsministerium mit. Dafür sei allerdings ein Handeln auf internationaler Ebene erforderlich, da viele Apps aus dem Ausland kämen. Im vergangenen Jahr hat das Ministerium eine Studie zu Gesundheits-Apps in Auftrag gegeben, in der Experten den Status quo und künftige Maßnahmen erarbeitet haben. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut soll bis 2018 ein umfassender Kriterienkatalog erarbeitet werden, der eine nachvollziehbare Beschreibung und Bewertung dieser Apps ermöglicht.

Einige medizinische Fachgesellschaften arbeiten bereits daran, Siegel für Apps zu entwickeln, um den Ärzten und Patienten Orientierung zu geben. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist interessiert an einer Regulierung des Marktes. Dazu wurde das „Innovationsbüro“ für App-Entwickler ins Leben gerufen, um diese zur Einstufung und Zulassung ihrer „Medical Apps“ zu beraten.

Gesundheits-Apps werden unterteilt in Apps mit und ohne medizinischer Zweckbestimmung. Letztere ist gegeben, wenn die Anwendung der Diagnose und/oder Therapie einer Erkrankung dient. Nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) müssen diese Apps als Medizinprodukt zugelassen werden und unterliegen bestimmten Regularien.

Apps, die als Medizinprodukte eingesetzt werden, gibt es laut Schätzungen der Website HealthOn nur etwa zehn Stück. Die Online-Therapieplattform „Caterna“ gehört zu dieser Kategorie und wird bei der Therapie der Amblyopie eingesetzt. Die Barmer übernimmt seit dem 1. März 2014 als erste und damals einzige Krankenkasse die Kosten dieser Behandlung.

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