Gerichtsprozess

HIV-Ansteckung: 160.000 Euro gefordert dpa, 19.01.2017 09:17 Uhr

Schmerzensgeldforderung erhöht: Eine Frau fordert von dem Mann, der sie mit HIV angesteckt haben soll nun 160.000 statt 110.000 Euro. Foto: Universitätsklinikum Heidelberg
München - 

Eine Frau fordert vor dem Oberlandesgericht München 160.000 Euro Schmerzensgeld von einem Mann, der sie mit HIV angesteckt haben soll. Die heute 60-Jährige hatte ihn 2012 kennengelernt und nach eigenen Angaben vor dem ersten Sex einen HIV-Test verlangt, weil seine frühere Lebensgefährtin an einer Immunschwäche gestorben war. Er habe allerdings entgegen der Absprache nur einen allgemeinen Gesundheitscheck und keinen HIV-Test gemacht und gesagt, bei ihm sei alles in Ordnung.

Vor Gericht ging es etwa um den Zeitpunkt der Ansteckung. Dazu wurde ein sachverständiger Arzt gehört. Der Zeitpunkt ist aus Sicht des Gerichts wichtig, weil es die Möglichkeit gibt, dass die Klägerin schon Zweifel an dem fälschlich behaupteten Test gehabt haben könnte.

In dem Fall könne eine „eigenverantwortliche Selbstgefährdung“ der Frau nicht ausgeschlossen werden. Dies könnte Auswirkungen auf die Höhe des Schmerzensgeldes haben. Die Klägerin wischte sich bei den Ausführungen des Arztes immer wieder Tränen aus den Augen.

Doch für die Frau kam noch schlimmer: Selbst die Anwältin des Beklagten entschuldigte sich bei den Prozessbeteiligten dafür, dass sie im Auftrag ihres abwesenden Mandanten die Expertise einer Ärztin vorlas, in der es hieß, das HI-Virus gebe es überhaupt nicht und die Immunschwächekrankheit Aids habe damit rein gar nichts zu tun. Der Anwalt der Beklagten bezeichnete die Ausführungen der Ärztin als „weiteren Schlag ins Gesicht“ seiner Mandantin.

Das Landgericht München hatte in vorheriger Instanz ein Schmerzensgeld von 110.000 Euro bewilligt, wogegen der Beklagte Rechtsmittel einlegte. Die Klägerin wiederum legte Anschlussberufung ein und erhebt nun wieder ihre Ursprungsforderung von 160.000 Euro. Ein Urteil will das Gericht am 8. Februar verkünden.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine HIV-Infektion die Justiz beschäftigt. Nach Angaben der Deutschen Aids-Hilfe gab es seit 1987 50 Strafrechtsprozesse, von denen zwei noch nicht abgeschlossen sind. Zivilprozesse kämen seltener vor. Die Aids-Hilfe weiß nach Angaben ihres Sprechers Holger Wicht von dreien.

Die Deutsche Aids-Hilfe lehnt die Strafbarkeit der HIV-Übertragung ab. Sie bürde, so die Begründung, Menschen mit HIV einseitig die Verantwortung auf. Jeder Mensch könne und müsse selbst für Schutz sorgen.