Menschliche Gene dürfen von US-Unternehmen nicht mehr patentiert werden. Das hat der Oberste Gerichtshof in Washington mit einstimmiger Mehrheit seiner neun Richter entschieden. Das Verbot gelte aber nicht für künstlich hergestelltes genetisches Material. Das Urteil wurde von Experten daher als Kompromiss für die Biotechnik-Industrie gewertet.
Der Fall drehte sich darum, dass der US-Firma Myriad Patente für zwei isolierte Brustkrebs-Gene zugesprochen worden waren, die bei der Diagnose genetisch bedingter Brustkrebsgefahr helfen sollen. Das Unternehmen brachte entsprechende Tests auf den Markt. Patentierbar seien solche Gen-Sequenzen für Unternehmen aber nicht, urteilte der oberste Gerichtshof nun. Ein natürlich auftretendes Teil der DNA sei ein „Produkt der Natur“ und auch dann nicht patentierbar, wenn es isoliert wurde, heißt es in dem Urteil.
Obwohl die Aktienkurse von Myriad Genetics nach der Entscheidung um 11 Prozent an der New Yorker Technologiebörse gestiegen waren, zeigte sich der Anwalt des Unternehmens enttäuscht. „Richter Thomas meint, dass es sich um DNA aus unserem Körper handelt. Aber die Wahrheit ist, dass diese Moleküle auch im Labor hergestellt wurden“, sagte er einem US-Radiosender.
Die Mehrheit der Stimmen aus den USA klingen allerdings positiv. So begrüßte das Genom-Zentrum in New York das Urteil, weil es faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen und einen verantwortungsvollen Umgang mit genetischen Informationen ermögliche. Nur wenige Stunden nach dem Urteil verkündete ein Unternehmen, dass es den Brustkrebs-Gen-Test in den USA für 995 Dollar (etwa 745 Euro) anbieten werde. Davor hatte Myriad Genetics das Monopol gehabt und 3000 Dollar verlangt. Inzwischen ist die Aktie wieder um 16 Prozent gefallen.
In Deutschland wertete Gentechnik-Experte Christoph Then die Entscheidung am Freitag allerdings nicht als Durchbruch. „Die Hintertür ist sehr groß“, sagte der Geschäftsführer des Vereins Testbiotech, der Genpatente kritisch beleuchtet. Das Verbot gilt nicht für künstlich hergestelltes genetisches Material. Dieses könne jedoch relativ leicht im Labor aus natürlicher DNA gewonnen werden, sagte Then. „Durch diesen patentrechtlichen Trick wird sich wahrscheinlich wenig an der wirtschaftlichen Verwertung menschlicher DNA ändern“, ergänzte er.
Das Europäische Patentamt in München sieht durch das Urteil keinen sofortigen Einfluss auf Regelungen in Europa. Patente auf menschliche Gene seien hier unter genau definierten und eingeschränkten Bedingungen möglich, sagte ein Sprecher. Es gebe eine bewährte gesetzliche Grundlage. Neue Regelungen müssten von EU-Gremien wie der Kommission, der Ratspräsidentschaft oder dem Parlament angestoßen werden.
Auch der deutsche Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) blieb gelassen. „Das Urteil zur Patentierung menschlicher Gene betrifft gentechnisch hergestellte Medikamente nicht“, sagte vfa-Geschäftsführer Dr. Siegfried Throm. Zu deren Herstellung würden zwar oft Gene verwendet, die ein Vorbild in einem menschlichen Gen haben. Aber diese Gene seien gegenüber der Natur planmäßig verändert. „Erst die Erfindung solcher Veränderungen hat die Herstellung der Medikamente möglich gemacht.“
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