Das Amtsgericht Oberhausen hat eine Hausfrau verurteilt, die mehrere Jahre in Eigenregie Arzneimittel hergestellt und über Facebook verkauft hat. Die Zahnreinigungslotion war eigentlich für Hunde gedacht, wurde aber auch zur Anwendung am Menschen beworben. 32.000 Euro hat sie damit eingenommen – und das Geld sogar ganz pflichtbewusst versteuert.
Die Frau ist weder Ärztin, noch Apothekerin, sondern gelernte Einzelhandelskauffrau. Mit ihrem Ehemann hat sie mehrere Jahre lang eine Hundezucht betrieben, bis ihr das untersagt wurde. Offenbar um die 900 Euro Haushaltsgeld aufzubessern, die ihr Ehemann ihr von seiner Rente abgibt, betreibt sie auf Facebook einen Onlineshop, ebenfalls unter dessen Namen. „Danger for Breeder“ hieß die geschlossene Gruppe, in der sie von September 2012 bis Oktober 2015 eine sogenannte „Zahnlotion aus der Bio Nerz Pflegeserie“ verkauft hat.
Diese diente hauptsächlich der Zahnpflege von Hunden: Zahnbelag sollte damit entfernt und die Bildung von neuem Belag verhindert werden. Doch damit nicht genug, schrieb sie ihrem Mittel beinahe übernatürliche Fähigkeiten zu: Nicht nur könne es Chitin erweichen sowie Viren und Bakterien töten, sondern auch „fremde DNA angreifen“, Insektengift neutralisieren, Gürtelrose unterbrechen und Calcium auslösen.
Und mehr noch: Nicht nur dem Vierbeiner sollte die Lotion zugute kommen, sondern auch Frauchen und Herrchen. Laut Gericht rief die Angeklagte dazu auf, „die Zahnlotion über eine entzündete Naht am menschlichen Knöchel nach Entnahme einer Vene laufen zu lassen, damit die entzündete Stelle abheilen kann“. Nach jedem Toilettengang angewendet soll sie auch zur Wundreinigung nach einer Spontangeburt nützlich gewesen sein, behauptete die Verurteilte.
Die Produktion des vermeintlichen Wundermittels übernahm die Frau komplett selbst: Herstellung, Abfüllung und Verpackung waren alles ihr Werk. Die erforderliche Erlaubnis zur Herstellung und zum Inverkehrbringen der Arzneimittel durch Verkauf hatte sie nicht und war sich dessen laut Gericht auch bewusst. Dennoch konnte man das Tonikum über Facebook bei ihr bestellen. Die Preise reichten von 16,50 Euro für eine 100ml-Flasche bis 199,00 Euro für einen 5-Liter-Kanister. Auch ein „Züchterset“, das aus einer 1-Liter-Flasche und 10 Flaschen à 100ml besteht, konnte man bei ihr erwerben.
Welche Inhaltsstoffe dem Mittel seine heilende Kräfte geben sollen, konnten die Käufer darüber hinaus aber nur raten: Die Flaschen und Gebinde waren nur mit einem Etikett versehen, auf dem der Produktname stand. Angaben zur Zusammensetzung der Lotion und ihrer Anwendung erhielten die Sendungen nicht. Immerhin gab es in der Facebook-Gruppe eine Anwendungsbeschreibung – aber auch die listete keine Inhaltsstoffe auf.
Die Kunden bestellten dennoch eifrig aus dem ganzen Bundesgebiet. 1013 mal hat die Frau ihre Zahnlotion in den drei Jahren versendet und damit insgesamt 32.000 Euro eingenommen. Die hat sie immerhin ordnungsgemäß mit 27 Prozent verteuert, sodass das Gericht ihr nur einen Wert von 24.000 Euro zur Last legte. Außerdem kam ihr neben ihrer Geständigkeit zugute, dass sie nicht vorbestraft war und die Lotion hauptsächlich als Tiermedizin beworben wurde. Deshalb sahen die Richter von einer Freiheitsstrafe ab. Stattdessen muss die Hobbypharmazeutin nun eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 30,00 Euro berappen – 3600 Euro insgesamt.
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