Apotheker gründet Verein für Afrikahilfe

„Geld reinpumpen bringt nix!“

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Berlin -

Als Apotheker Reinhard Eger auf einer Veranstaltung den Motivationstrainer Zasi Fokoua kennenlernte, ahnte er noch nicht, welche Auswirkungen diese Begegnung haben würde. Ein paar Monate später brachen die beiden auf, die Heimat Fokouas in all ihren Facetten zu erleben. Die Reise nach Baloum in den Westen Kameruns hinterließ nachhaltigen Eindruck bei Eger. Der Apotheker will nun im verarmten Landstrich helfen und durch die Gründung eines Vereins Spendengelder einsammeln.

Einen komfortablen Luxusurlaub, das wollte Eger gewiss nicht. Er wollte das echte Leben in Kamerun kennenlernen, sich einen ungeschönten Überblick über die Zustände vor Ort verschaffen. Daher ging es für Eger und Fokoua von der Hauptstadt Jaunde ins rund 300 Kilometer entfernte Dorf Baloum. „Die Fahrt dauerte sieben, acht Stunden. Auf dem Weg gab es keine richtigen Straßen, sondern nur Pfade. Bei denen fragte man sich, ob da die Elefanten drüber getrampelt sind“, berichtet der Apotheker.

Mithilfe seines ortskundigen Begleiters stellte Eger ein straffes Programm auf die Beine: Er besuchte Schulen, Krankenstationen und erhielt sogar eine Audienz beim König der Region. „Wir haben alles selbst organisiert. Und es war gut, dass wir den Trip so ausführlich vorbereitet haben“, zieht der Pharmazeut aus dem brandenburgischen Hohen Neuendorf Bilanz. Überraschungen habe die Reise dennoch zu Genüge geboten: „Das war das Ungewöhnlichste, was ich je gemacht habe.“

Das Eintauchen in die fremde Welt bot dabei nicht nur positive Erlebnisse: „Es fehlt dort an grundlegenden Dingen. Vieles ist heruntergekommen, es gibt ständig Stromausfälle. Die Schule hat keine Fenster, sodass es in die Zimmer reinregnet“, erzählt Eger. Dabei sei Kamerun kein armes Land und verfüge über gewaltige Rohstoffvorkommen. Doch wie so oft komme der Reichtum bei weiten Teilen der Bevölkerung nicht an. „Deswegen haben wir uns kurz vor Ende der Reise zusammengesetzt und überlegt, was wir tun können“, so der Apotheker.

Für Eger und Fokoua war klar, dass Geld allein die Probleme vor Ort nicht lösen wird: „Geld reinpumpen bringt nix. Davon werden zwar benötigte Dinge gekauft, aber diese werden früher oder später gestohlen oder gehen kaputt. Und dann steht man wieder am Anfang“, erklärt der Apotheker. Vielmehr wollte Eger auf Nachhaltigkeit, Bildung und Ausbildung setzen: „Wir wollen den Menschen zeigen, dass es um etwas Wichtiges geht: um sie selbst. Nur Geld zu geben, wäre doch Kolonialismus.“

Daher wurde auch die Idee wieder verworfen, eine Stiftung zu gründen. „Damit würde es zu lange dauern, bis wir wirklich helfen könnten“, erläutert Eger die Entscheidung. Für eine Stiftung brauche es eine hohe Geldeinlage, Projekte könnten zudem nur umgesetzt werden, wenn sich das Geld regelmäßig vermehre. Sich an bestehenden Stiftungen zu beteiligen, war für Eger und Fokoua ebenfalls keine Option: „Wir wollen unsere eigenen Botschaften transportieren und Maßnahmen umsetzen, deswegen werden wir uns nirgends dranhängen“, so der Apotheker.

Deswegen soll Anfang 2020 der Verein „Powerherzen für Afrika“ gegründet werden. „Aktuell sind wir noch dabei, die Satzung auszuformulieren und diese mit einem Anwalt durchzugehen“, berichtet Eger über die aktuellen Fortschritte. Auf einer Website, über die sozialen Netzwerke und mit einem Newsletter sollen Unterstützer gewonnen und über den Erfolg der Projekte informiert werden. „Das Ziel sind natürlich viele Follower, die uns finanziell unterstützen“, hofft Eger. „Wir wollen andere mit unserem Engagement anstecken!“

Vom Geld sollen vor allem Hilfsgüter für die Krankenstationen gekauft werden. Auch Dinge, die in Deutschland nicht mehr gebraucht werden – beispielsweise ausrangierte Blutdruckmessgeräte – möchte Eger nach Kamerun bringen. Zudem sind regelmäßige Besuche vor Ort geplant, um die Hilfsprojekte entsprechend begleiten zu können. Im Februar 2020 beispielsweise werde Fokoua Workshops geben. „Dort will er den jungen Menschen Ziele geben und Begeisterung entfachen. Er will ihnen vermitteln, dass sie nur durch Einsatz vorwärtskommen“, so Eger. Diese Einstellung fehle oftmals bei den Kamerunern. „Deswegen sagen wir ihnen ganz klar: Ihr seid wichtig. Also macht was!“

Bei den Menschen im Dorf Baloum kommt das Engagement des Apothekers gut an. „Die Bewohner haben sich sehr gefreut, dass wir da waren“, erinnert sich Eger. Das lag auch daran, dass er und sein Begleiter gleich mit angepackt haben: „Wir haben einen Stromgenerator und einen Kühlschrank für die Krankenstation gekauft, dazu Computer für die Schule und Batterien, die die Stromversorgung regeln, wenn ein Stromausfall passiert.“ Auch Baloums König dankte den wohltätigen Gästen.

Auf seiner Reise besuchte Eger außerdem einen christlichen Gottesdienst und staunte über die piekfeine Kleidung der Kirchgänger: „In Deutschland putzt man sich gar nicht mehr so sehr heraus.“ Neben dem Gang in die Schulen und dem Besuch eines Dorffestes versuchte sich der Apotheker auch am Erlernen traditioneller Tänze – mit mäßigem Erfolg: „Ich konnte mich danach kaum bewegen, war total K.O. und hatte einen riesigen Muskelkater.“

Egers offene und hilfsbereite Art brachte einen neuen Namen ein: „Der Verteiler“. Der Apotheker erklärt: „Das ist eine Tradition dort, dass Gäste einen afrikanischen Namen bekommen.“ Mit seinem sei er sehr zufrieden. Weniger positiv fiel Egers neugieriger Blick in die Apotheke im Dorf aus: „Schmerzmittel gibt es dort, auch Arzneimittel gegen Malaria. Impfstoffe hingegen fehlen komplett“, fasst der Pharmazeut zusammen.

Befremdlicher sei aber die misstrauische Atmosphäre in der Apotheke gewesen: „Ich wurde kritisch beäugt, als ich Fotos machen und Fragen stellen wollte“, erzählt Eger, der im heimischen Hohen Neuendorf nördlich von Berlin zwei Apotheken betreibt. Das Personal habe aus einer Apothekenleiterin und einer Laborantin bestanden. „Alles in allem war es eine Atmosphäre, in der es nicht verwundern würde, wenn die Patienten noch kranker werden“, zieht Eger ein ernüchtertes Fazit.

Trotz der vielfältigen Eindrücke glaubt der Apotheker, dass es vor Ort noch viel zu entdecken gibt: „Wir haben nur den Anfang gesehen.“ Deswegen steht spätestens 2021 sein nächster Trip nach Kamerun an. Auch wenn die ersten Tage zurück in Deutschland von einigen Problemen begleitet waren: „Nach der Rückkehr war ich erstmal ein paar Tage krank. So eine Reise ist eine riesige Veränderung für den Körper“, so Eger. Der Apotheker fügt lachend hinzu: „Sogar meine Frau sagte, dass ich nach der Rückkehr anders roch. Irgendwie nach Afrika, meinte sie.“

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