Kurz vor Ladenschluss schaute Apotheker Johannes Köhle aus Unna plötzlich in den Lauf einer Pistole. Ein maskierter Mann forderte „Geld her – nur Scheine!“ Es war bereits der zweite Überfall, den der Inhaber erlebt hat.
„Der Überfall hat vielleicht zwei Minuten gedauert“, schildert Köhle gegenüber APOTHEKE ADHOC. „Er kam kurz vor 19 Uhr, zeigte keinerlei Hektik. Genauso ruhig, wie er reinkam, hat er die Apotheke auch wieder verlassen. Da ich allein in der Offizin war, konnte ich nicht hinterherlaufen.“ Köhle rief sofort die Polizei: „Die war allerdings gerade bei einem anderen Raubüberfall. Und das im beschaulichen Unna!“
Der 57-Jährige blieb ruhig und handelte umsichtig. „Man hat ja keine große Wahl, wenn man in den Lauf einer Pistole schaut“, sagt er, „und ich wollte nicht testen, ob es sich um eine echte handelt oder nicht. So, wie der Täter drauf war, wollte ich das wirklich nicht ausprobieren. Er handelte professionell-cool. Wäre jemand in die Offizin gekommen, er hätte womöglich gar nicht gemerkt, dass gerade ein Überfall stattfindet.“
Der Täter verließ die Offizin mit den Tageseinnahmen. Über die Höhe der gestohlenen Summe möchte der Apotheker keine Auskunft geben. „Aber es tut schon weh, es passierte am 1. Februar und es war Markttag.“ Ein guter Tag also für die Kasse. „Wir haben quasi umsonst gearbeitet.“ Den Fall hat er seiner Versicherung gemeldet, geht aber nicht davon aus, dass der finanzielle Schaden erstattet wird.
Köhle vermutet, dass der Maskierte den Tatort schon Tage vorher ausspioniert hat. Er behielt die Nerven: „Man macht in so einer Situation einfach, was der Täter verlangt. Natürlich war ich im ersten Moment perplex.“ Es war der zweite Überfall, den er erlebt hat. „Vor einigen Jahren forderte ein Junkie Tabletten. Damals habe ich in Dortmund gearbeitet. Der Überfall war schlimmer als der aktuelle, denn der Mann war unberechenbar, weil er dringend Stoff brauchte.“
Der Apotheker hat den Überfall gut überstanden: „Man muss versuchen, es nicht zu nah an sich heranzulassen“, sagt er. Er setzte sich nach dem Überfall hin und ließ alles Revue passieren. „Es ist wichtig, es nicht persönlich zu nehmen, denn es ist ja reiner Zufall gewesen.“ Bei seinem ersten Überfall war eine Mitarbeiterin in der Offizin gewesen, die noch lange Zeit danach an den psychischen Folgen litt.
Köhle ist froh, dass diesmal kein Mitarbeiter dabei war. Nun will er mit seinem Team besprechen wie man sich im Notfall verhält. „Ruhe bewahren, Forderungen erfüllen – egal was der Täter fordert – und ihn laufen lassen“, sagt er. Zusätzlich wird er die Sicherheitsvorkehrungen in seiner Apotheke erhöhen. Dass der Täter gefasst wird, glaubt der Apotheker nicht: „Er war vermummt und hat keinerlei Spuren hinterlassen, nichts berührt.“ Bei seinem ersten Überfall war das anders. Damals traf er den Täter vor Gericht wieder. Der Mann war nicht wiederzuerkennen, aus dem ungepflegten Räuber war in der U-Haft ein gepflegter Mensch geworden. „Er sagte vor Gericht, dass er froh sei, gefasst worden zu sein.“
Im aktuellen Fall sucht die Polizei in Unna nach einem Täter mittleren Alters, der 1,80 – 1,90 Meter groß und von kräftiger Statur ist. Er sprach akzentfreies Deutsch, trug einen dunklen Anorak mit Kapuze und Fellkragen und ein hellblaues Tuch vor dem Mund.
APOTHEKE ADHOC Debatte