Hilfsorganisation

Geländewagen: Apotheker trainieren für Notfälle

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Berlin -

Den Urlaub für andere opfern, um zu helfen: Das machen bundesweit pro Jahr Dutzende Apotheker bei „Apotheker ohne Grenzen”(AoG). Die Organisation arbeitet mit Pharmazeuten und PTA zusammen, die bereit sind, recht spontan in Krisenregionen zu fliegen, um dort die Menschen mit Arzneimitteln und Impfstoffen zu versorgen.

Eine Besonderheit in den Vorbereitungen ist das Training mit dem Geländewagen. Der Grund: Zwar werden die Arzneimittel-Spezialisten im Regelfall in Jeeps, SUV und auch LKW von ortskundigen Fahrern begleitet. Aber im Notfall sollen sie eben in der Lage sein, solche Autos auch selbst fahren zu können.

Jan Mannigel leitet die Seminare und weiß, dass viele Apotheker erst mal etwas ängstlich in die Geländewagen steigen und nicht so recht wissen, ob nun diese Trainingseinheit wirklich sinnvoll ist. Am zweiten Tag stelle sich dann in der Regel „ein breites Grinsen ein”, weil die Teilnehmer erstens merken, dass sie es schaffen und zweitens, dass es neben allem Ernst tatsächlich auch Spaß macht.

Interessierte können sich für ein jeweils dreitägiges Wochenendseminar anmelden. Es gibt ein Einführungs- und ein Aufbauseminar, beide braucht man, bevor man in den Einsatz kommt. 2012 wurde diese Projekt von Dr. Thomas Bergmann gestartet. Der Pharmazeut war zu diesem Zeitpunkt schon bei AOG zuständig für die Ausbildung. Ihm fiel dabei auf, dass im Bereich der „Transportlogistik” noch draufgesattelt werden könnte. So entstand innerhalb der Ausbildungsseminare das Modul „Geländewagentraining”. Wie sich zeigen sollte, ein voller Erfolg.

Pro Kurs sind es durchschnittlich 25 Teilnehmer. Ihr Alter reicht von Anfang zwanzig bis Ende 50, einige sind noch im Studium und stehen kurz vor dem Examen. Die Notfälle, auf welche sich die Apotheker, PTA und Pharmazeuten vorbereiten sind unterschiedlich. Bei Katastrophen müssen die Kollegen schnell abrufbar sein, sie müssen im Schnitt mit 14-tägigen Einsatzzeiten rechnen. Bei Projekten, wie der dauerhaften pharmazeutischen Betreuung in Elendsvierteln der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires, sind dann vierwöchige Aufenthalte üblich.

AoG schickt seine Freiwilligen nicht in Kriegs- oder Konfliktgebiete. Trotzdem können sowohl bei Katastropheneinsätzen als auch in solchen Regionen wie Buenos Aires schwierige bis gefährliche Situationen entstehen. Deshalb ist Sicherheitstraining in den Kursen ein großer Schwerpunkt. Die Teilnehmer lernen, wie sie sich bei Evakuierungen, Überfällen, bei Raub und Entführung verhalten sollen, und wie sie durch Deeskalation die Gefahr aus zugespitzten Situationen wieder raus nehmen können.

Dazu gehören auch Hinweise, wie man vor Ort mit Behörden, Polizei und Militär spricht oder mit UN- und NATO-Truppenmitgliedern, dazu kommen interkulturelle Kompetenz, Überlebens- und Selbstverteidigungstipps und auch eine Funkausbildung. In Rollenspielen werden dann verschiedene Situationen trainiert. Beim sogenannten Stresstest für die Teilnehmer ist der Münchner Psychologe Andreas Hänsel dabei. Er hat neben langjähriger Rettungsdiensterfahrung eine Sonderausbildung in Psychotraumatologie.

Ziel dieses Stresstests ist es, die Belastbarkeit der Teilnehmer einschätzen zu lernen und zwar zu ihrem eigenen Schutz und dem der Mitarbeiter. Reiner Helferimpuls und ein Pharmaziestudium reichen hier nicht aus. Wer dann in den Trainingswochenenden merkt, dass er über das reine Apothekenhelfen hinaus nicht belastbar ist mit Konflikten, die man von zu Hause ja definitiv nicht kennt, der wird dann auch nicht auf die Einsatzliste kommen.

Wenn die Apothekenmitarbeiter die Seminare erfolgreich abgeschlossen haben, werden sie immer mit erfahrenen Kollegen zusammen in die Einsätze geschickt, sowie von Navis-Mitarbeitern begleitet. Diese sichern auch unmittelbare Hilfe für durch den Einsatz traumatisierte Kollegen. Navis ist 2004 aus den Reihen der Münchner Flughafenfeuerwehr als unmittelbare Reaktion auf den verheerenden Tsunami 2014 im Indischen Ozean entstanden.

Die Apothekenmitarbeiter müssen pro Seminar mit einem Unkostenbetrag zwischen 200 und 300 Euro rechnen, die Differenz zu den Gesamtkosten wird von Spendengeldern getragen. Darauf ist AoG angewiesen. Wer AoG als Mitglied unterstützen will, zahlt 98 Euro Jahresbeitrag, für Studenten und Auszubildende gibt es Ermäßigungen.

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