Geiselnahme in Apotheke

Wer ist der Täter?

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Berlin -

Am Tag nach der blutigen Geiselnahme in der Kölner Apotheke im Hauptbahnhof fragen sich die Menschen: Wer ist der Mann, der eine Angestellte als Geisel nahm, sie stundenlang in seiner Gewalt hielt und anzündete? Seine Kölner Nachbarn sind erstaunt über seine Tat. Die Apothekenmitarbeiterin war wohl ein Zufallsopfer.

Die neueste Information der Kölner Polizei: Der Täter ist nun zuverlässig identifiziert. Es handelt sich um einen 55-jährigen syrischen Flüchtling. Seine Dokumente, die er in der Apotheke mit sich führte und liegen ließ, wurden mittels DNA-Analyse eindeutig ihm zugeordnet. Ein Bruder und sein Sohn sollen ebenfalls in Deutschland leben. Seine Ehefrau hingegen befindet sich weiterhin in Syrien – ihr Asylantrag war mehrfach abgelehnt worden. Ein terroristischer Hintergrund konnte nicht abschließend geklärt werden. Der Geiselnehmer soll mittlerweile außer Lebensgefahr sein. Der Mann befindet sich auf der Intensivstation, wo er im Koma liegt. Er wurde nach dem SEK-Zugriff gestern nachmittag in der Apotheke schwer verletzt und stundenlang notoperiert.

Menschen im ganzen Land fragen sich: Ist er IS-Anhänger? Terrorist? Oder ein psychisch kranker Mensch? Spurensuche in Köln. Der Mann lebte seit etwa zwei Jahren in einem Appartementhaus in Neuehrenfeld, in dem unter anderem Flüchtlinge untergebracht sind.

Die Polizei rückte heute mit Spezialeinheiten an und sprengte seine Wohnungstür. Eine Sicherheitsmaßnahme, denn die Experten mussten damit rechnen, dass er möglicherweise eine Sprengfalle an seiner Tür angebracht hatte. Möglich war auch, dass er Sprengsätze in seiner Wohnung deponiert hatte. Um die Gefahr einer Explosion gering zu halten, entschied man sich für eine kontrollierte Sprengung. In der Wohnung des Täter fanden die Ermittler an den Wänden neben Benzinkanistern auch arabische Schriftzeichen. Ihre Bedeutung, so die Kölner Polizei, ist nicht abschließend übersetzt. Unter anderem soll dort „Allah ist groß“ gestanden haben.

In dem Haus und im Viertel, in dem der Geiselnehmer bisher lebte, herrscht Ratlosigkeit. Geschockte Nachbarn beschreiben den Geiselnehmer im „Kölner Express“ als rätselhaft, aber „das Gegenteil eines Extremisten“. Während der Geiselnahme soll er Polizeiaussagen zufolge gegenüber Passanten geäußert haben, Mitglied der Terrorvereinigung Daesh (eine arabische Bezeichnung für den Islamischen Staat) zu sein.

Seinen Nachbarn und dem Vermieter seiner Wohnung soll der Mann erzählt haben, dass er in seiner syrischen Heimat rund 20 Jahre lang im Gefängnis gesessen habe. Er soll als Gegner des Assad-Regimes politischer Häftling gewesen sein. Im Gefängnis sei er mit Stromschlägen, Wasser und Licht gefoltert worden.

Die Folge sei eine psychische Erkrankung gewesen, er soll in Köln deshalb in Behandlung gewesen sein. In dem Haus, in dem er bislang wohnte, leben viele weitere Flüchtlinge. Zwischen ihm und seinen Nachbarn soll es häufig zu Streit gekommen sein. Mitbewohner schildern den Syrer als „verbal aggressiv“, er sei jedoch niemals tätlich geworden. Seine Wohnung hatte er kürzlich gekündigt, weil er, wie er erzählte, zu seinem Freund nach Hamburg ziehen wollte.

Die Ermittler fahnden mit Hochdruck nach weiteren Tatbeteiligten. Bisher hat die Polizei jedoch keine Hinweise auf weitere Täter. Gestern hatte der Geiselnehmer die Freilassung einer Tunesierin gefordert. Dazu kann die Polizei derzeit noch nicht Genaues noch nichts sagen. Die Apothekenmitarbeiterin war, so der derzeitige Ermittlungsstand, wohl ein Zufallsopfer. Der ursprüngliche Plan des Täters sei eine Brandlegung im McDonald's gewesen. Die Tatwaffe sei, so die Kölner Polizei, eine sehr gut imitierte Softair gewesen.

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